
Unter den großen Playern hat der Wettkampf begonnen, wer sich auf dem erwarteten Milliardenmarkt Live-Streaming durchsetzen wird. Nach Facebook, Snapchat und Periscope bietet seit neustem auch Youtube die Möglichkeit, Videos direkt vom Smartphone ins Netz zu streamen. Bei Periscope, das zu Twitter gehört, wurden bis zum Januar 2016 mehr 100 Millionen Videos gestreamt. Facebook zählt mittlerweile mehr als acht Milliarden Videoviews pro Tag. Dabei werden live gestreamte Videos dreimal so lange angeschaut wie Clips aus der Konserve. 153 Millionen Nutzer sahen bei Facebook Live, wie Nutzerin Candice Royce in ihrem Auto eine Chewbacca-Maske anlegte, die sie beim Handelsriesen Kohls gekauft hatte. Allein die Erwähnung bescherte Kohls E-Commerce-App den Spitzenplatz im iOS App-Store. Facebook, dessen durchschnittliche Nutzungsdauer sinkt, braucht aber auch hochwertigen, vermarktbaren Live-Videocontent und hat dazu Verträge im Wert von über 50 Millionen US-Dollar mit mehr als 140 Medienunternehmen wie CNN, New York Times, Vox Media und Mashable und mit Prominenten wie dem Comedian Kevin Hart, dem Starkoch Gordon Ramsey und dem Footballspieler Russell Wilson unterzeichnet.
Auch an Snapchat kommen Werbungtreibende in den USA kaum noch vorbei – und das nicht nur beim Mega-Live-Event Superbowl. Zwei Drittel der Snapchat-User streamen täglich neue Inhalte über die Plattform. Mehr als 40 Prozent aller 18–34-jährigen Amerikaner sind bei Snapchat aktiv und zwar im Durchschnitt rund 30 Minuten pro Tag. Dagegen erreichen die 15 größten TV-Networks laut Nielsen nur noch 6 Prozent der Millennials. Snapchat macht es Marketern mit Targeting und Effizienz-Tools mittlerweile viel leichter, klassische Werbewirkung zu messen, aber am besten funktionieren hier neue Ideen wie beispielsweise gebrandete Filter, die Nutzer über ihre Snaps legen können. 222 Millionen Views für den Cinco-de-Mayo-Filter von Taco Bell und 165 Millionen Views für den Superbowl-Filter von Gatorade zeigen deutlich, dass die Pre-Roll-Ad ausgedient hat.
Der Albtraum von Arbeitnehmern, von einer Maschine ersetzt zu werden, entwickelt sich zum Traum von Marketern. Selbstlernende Algorithmen werden Konsumenten und Unternehmen bei immer mehr Aufgaben unterstützen. Die Einsatzfelder von Robotern sind zahlreich: Associated Press, Comcast und Yahoo arbeiten mit dem Unternehmen Associated Insights, dessen Software mehr als 2000 Berichte pro Sekunde verfassen kann.
Roboter schreiben Polizeiberichte, verfassen standardisierte Erdbebenmeldungen und schildern Details von Fantasy-Footballspielen, die sich von den Redewendungen menschlicher Reporter nicht unterscheiden. Chat-Bots, die in Messenger-Diensten bei Standardfragen eingesetzt werden, ersetzen Mitarbeiter in Call-Centern. Amazons mit der Sprachsoftware Alexa ausgestatteter Lautsprecher Echo bietet den akustischen Internetzugang für alle, die nicht auf einer Tastatur tippen können oder wollen und ist in den USA mittlerweile das am meisten verkaufte Produkt bei Amazon. Davon profitiert nicht nur Amazon selbst, sondern jeder, der auf der Plattform Produkte verkauft. Twitter erwarb im Juni das Londoner Technologieunternehmen Magic Pony. Dessen Software mit visuellem Gedächtnis kann fehlende Details in Fotos aus anderen Bildern selbstständig ergänzen. Das ist auch für Marketer ausgesprochen nützlich und kostensenkend – zum Beispiel bei Virtual Reality-Inhalten und anderen Anwendungen, bei denen riesige visuelle Datenmengen errechnet werden müssen.
Es gibt sie tatsächlich, die sich selbst wieder auffüllenden Kühlschränke. Während Amazon in den USA sogenannte Dash-Buttons zum Nachbestellen per Touch direkt auf ausgewählte FMCG-Produkte klebt, beklebt Samsung seinen bei der CES in Las Vegas vorgestellten Smart Fridge mit einer Touchscreen-Folie, die an eine Android-Oberfläche erinnert. Das Internet der Dinge (IoT) ist allerdings weit mehr als der oft belächelte intelligente Kühlschrank. Mehrere Studien prognostizieren bis zum Jahr 2021 mehr als 25 Milliarden vernetzte Objekte auf der – von Ampeln und Verkehrssensoren im öffentlichen Verkehr über Thermostate im privaten Heim bis hin zum Smartphone in der Tasche und der smarten Pille im Magen-Darm-Trakt. Bereits heute verbindet das Internet mehr Dinge als Menschen.
Haupttreiber des IoT-Marktes sind Connected Cars, Car Sharing und perspektivisch auch selbstfahrende Autos. Diese Entwicklung wird auch der tödliche Unfall des Tesla-Autopiloten nicht stoppen. Nach einer Studie von Goldman Sachs ist mehr als die Hälfte der US-Millennials bereit, auf ein eigenes Auto zu verzichten. Erst recht, wenn sich das Auto mit Hilfe smarter Technologie personalisieren und mit den eigenen Profilen im Netz verknüpfen lässt. Man braucht nicht viel Fantasie, um sich die Begehrlichkeit von Technologie- und Medienunternehmen sowie Marketern vorzustellen, die freiwerdende Aufmerksamkeit von Autofahrern auf die eigenen Inhalte zu lenken. Ulrike Langer
Die fünf heissesten Trends - und was sie fürs Marketing bedeuten