Hellmuth Karasek über den Ikea-Katalog
Eigentlich sei es ein Skandal, dass das meistverbreitete Buch der Welt mit einer Auflage von fast 220 Millionen Exemplaren bisher nie rezensiert worden ist, beginnt Karasek seine Kritik. Der 81-Jährige sitzt dabei in einem Sessel und blättert durch das "Buch" mit dem Titel "Die kleinen Freuden des Alltags" von "Verfasser" Ikea. Zu Karaseks bedächtigen und wohlformulierten Worten ertönen die klassischen Klänge von
Muzio Clementis "Sonatina Op. 36 No. 5 - III. Rondo" - ein würdiges Ambiente für die Arbeit des berühmten Literaturkritikers.
Der Absender
Ikea Schweiz legt dabei Wert auf die Feststellung, dass es bei der Rezension für Karasek keine inhaltlichen Vorgaben gegeben habe. "Er rezensierte den Katalog nach seinem Gutdünken und nach den gleichen Maßgaben, wie er es bei anderen Werken der Belletristik zu tun pflegt", heißt es vom schwedischen Möbelriesen. So kritisiert Karasek, von 1988 bis 2001 ständiges Mitglied der legendären ZDF-Sendung "Literarisches Quartett": "Man könnte dem Ikea-Buch vorwerfen, dass es mehr Bilder als Personen hat. Es erzählt viel, aber es ist sozusagen vollgemüllt mit Gegenständen. [...] Es ist ein möblierter Roman."
„Man könnte dem Ikea-Buch vorwerfen, dass es mehr Bilder als Personen hat. Es erzählt viel, aber es ist sozusagen vollgemüllt mit Gegenständen.“
Hellmuth Karasek
Nicht besonders gut kommt bei Karasek das traditionelle Ikea-Duzen an. "Ich liebe Bücher nicht so sehr, die sich altmodisch aufringlich mit einem 'Du' an den Leser wenden", so der Kritiker. Zu einem schöngeistigen Roman fehle dem Ikea-Katalog alles. Ein solches Urteil wäre aber "genauso ungerecht, als wenn man ein Buch der Postleitzahlen nach fehlenden Personen absuchen würde." Wie bei einer Rezension üblich schließt Karasek mit einer Lese-Empfehlung - und greift dabei auf ein Goethe-Zitat zurück: "Eines schickt sich nicht für alle. Sehe jeder, was er treibe. Sehe jeder, wo er bleibe. Und wer steht, dass er nicht falle."
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fam