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So tickt die ADC Rookie Agentur des Jahres

Alles andere als Mainstream: Agenturchefin Jo Marie Farwick bei einer eigenwilligen Selfie-Aktion im Rahmen des Überground-Kreativsalons
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Alles andere als Mainstream: Agenturchefin Jo Marie Farwick bei einer eigenwilligen Selfie-Aktion im Rahmen des Überground-Kreativsalons
Das selbst ernannte Kreativ-Kollektiv Überground startet mit ordentlich Rückenwind ins neue Jahr: Der Art Directors Club für Deutschland (ADC) hat das Team um Gründerin Jo Marie Farwick gerade zur Rookie Agentur des Jahres gekürt. Die Preisverleihung findet im Rahmen der ADC Night of Honour am 23. Februar in Berlin statt. Beim Deutschen Medienkongress stand Farwick schon vorige Woche auf der Bühne. 
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Beim Face-to-Face-Talk mit FCB-CEO Daniel Könnecke zeigte die 39-Jährige, dass sie von Mainstream-Auftritten wenig hält. Ihr Interview zum Thema "Angst" war entwaffnend charmant und erfrischend anders. Wie tickt Überground sonst so? HORIZONT hat mit der früheren Kreativgeschäftsführerin von Heimat Hamburg gesprochen …

… über die Idee des Kreativkollektivs

Tradierte Agenturmodelle sind ihr ein Dorn im Auge. Diese bezeichnet sie als "knochig und langsam". Ein "hierarchischer Altmännermuff, der sich viel zu wichtig nimmt, grimmig und apodiktisch ist und dabei viel zu wenig offen und agil." Deshalb die Idee des Kollektivs. Den Begriff sollte man allerdings nicht zu wichtig nehmen. Es gehe einfach darum, mit wenigen von den besten Leuten immer wieder neu und passend ausgewählt, Projekte für Kunden wahr werden zu lassen. "Kollektiv steht da nur wegen der schönen Alliteration", sagt Farwick. "Team. Band. Troop. Tribe. Crew. Crowd. Family. Geht alles auch. Und passt manchmal sogar besser. Kollektiv hat ja auch immer so einen Müsli-Beigeschmack – alle teilen sich ein Schwein und leben auf einem Bauernhof. Das nicht. Mit erwachsenen Leuten, die das Gleiche können und wollen, zusammenarbeiten. Das ja. Im besten Fall wird der Kunde für das Projekt auch Teil des Teams. Es geht nichts über ein paar Menschen die den Raum klug machen."

… über ihre Partner

Wer steckt denn nun konkret hinter Überground außer Farwick? Diese Frage haben sich sicherlich schon einige gestellt. Die Mannschaft soll volatil bleiben. Deshalb ändert sich die Zusammensetzung je nach Projektlage. Fest steht, dass der Kreative Nikolaus Ronacher sehr eng mit Farwick zusammenarbeitet. 2016 waren außerdem folgende Kreative und Strategen mit an Bord: Heike Vollmeier, Anna Meissner, Andreas Bilgeri, Danilo Klöfer, Jessica Hren, Christian Ruess, Kathi Walter, Susa Pankin,Roman Mitterer, Jana Liebig, Ramona Schulze und Sergio Penzo. "Sie alle haben besondere, große, verantwortungsvolle Rollen gespielt – die einen länger, die anderen punktuell", so Farwick. Hinzu kommen die Musikprofis von Zwei Music und Not A Machine sowie die Werbefilmproduktionen Big Fish und 27Kilometer Entertainment, mit denen Überground regelmäßig zusammenarbeitet.

… über ihre Kunden

Im vergangenen Jahr sorgt Überground vor allem mit der Einführungskampagne für die Fitness-App Freeletics und die Weihnachtskampagne für Lidl für Gesprächsstoff. Das war aber noch nicht alles. Marken wie Amazon, Vorwerk, Oxfam und das Start-up Cobi Bikes standen ebenfalls auf der Kundenliste. Zwei neue Kunden, die noch nicht genannt werden dürfen, stehen ebenfalls in den Startlöchern.

… über ihre Arbeitsweise

Die hoch dekorierte Kreative ist ein großer Fan von ausgefeilten Strategien. "Die Planner, mit denen ich bisher zusammenarbeiten durfte, sind kluge, präzise Ideen-Pingpong-Spieler, auf die ich im gesamten Kreativprozess niemals verzichten würde. Logik ist gut. Denn nur lustig kann auch Mario Barth und das bringt dem Kunden gar nichts." Sobald sie ein Briefing bekommt, stellt sie dafür maßgeschneiderte Freelancer-Team zusammen, zu dem mindestens ein Planner zählt. Außerdem gilt: Die Projekte liegen immer von Anfang bis Ende in der Verantwortung von Überground. "Das hat nichts mit nichts abgeben wollen zu tun, sondern mit Qualitätskontrolle. Und dazu suchen wir uns die besten Leute, die uns auf diesem Weg helfen, das wirklich Beste rauszuholen."

… über Opossum Platypus

Farwick ist nicht nur Kreative und Agenturgründerin. Sie führt auch hin und wieder Regie. Und zwar gemeinsam mit dem bereits erwähnten Kreativen Nikolaus Ronacher, den sie als wichtigen Impulsgeber bezeichnet. Als Duo treten sie unter dem Namen Opossum Platypus auf. Für sie ist das ein "Herzensding" und für einige Kunden schlichtweg "der Hammer", denn die bekommen auf diese Weise "einfach ein bisschen mehr in ihrer gemischten Tüte", so Farwick.

… über Frauen in der Kommunikationsbranche

Achtung, gefährliches Terrain. Obwohl Farwick in der Lidl-Kampagne die selbstbewusste weibliche Weihnachtsmann-Variante Santa Clara in den Ring schickte, hat sie selbst ein ambivalentes Verhältnis zu dem Gender-Thema. Ihr Statement: "Ich störe mich an den Allgmeinplätzen der üblichen Debatte. Und diesem ganzen Gewäsch auf das sich alle für ein paar Likes dann wieder einen runterholen. Normalität wäre gut. Nicht: Starke Frontfrau sagen. Sagt man eigentlich auch: Starker Frontmann? Noch nie gehört. Die einen sind im Buchstabieren rhythmischer Sportgymnastik gut, die anderen im Praktizieren. Wer von beiden nun einen Pimmel hat, das ist doch vollkommen latte. Hauptsache man ist gut, in dem, für das man sich entschieden hat, zu kämpfen."

… über die Zukunft von Überground

Es läuft gerade ziemlich rund bei Überground. Deshalb wird es künftig wohl doch nicht ohne ein paar feste Mitstreiter gehen. Wie viele das sein werden und wer mit dabei ist, verrät Farwick noch nicht. Nur so viel: "Wir werden das Volatile beibehalten, jedoch einen Nukleus von sechs bis zehn wummernden, sich sehr anziehenden Protonen bauen, um den dann die Freelance-Elektronen drumherum flitzen." bu

 
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