Vivelia-Gründer Daniel Kollmann hilft Arbeitnehmern, die Herausforderungen im Berufsalltag mental besser zu meistern
Die Generation Y hat die Arbeitswelt verändert, die Generation Z stellt die Arbeitgeber vor weitere Herausforderungen. Sie haben andere Werte und Erwartungen als ihre Vorgänger - Stichworte wie Work-Life-Balance, Flexibilität, Mitbestimmung dürften jedem in diesem Zusammenhang geläufig sein. Konflikte zwischen Mitarbeitergenerationen sind vorprogrammiert. Warum es auch gerade in Agenturen immer häufiger zu einem regelrechten Kampf von "Jung" gegen "Alt" kommt und welche Maßnahmen die Wogen wieder glätten können, erklärt Daniel Kollmann, Gründer des Coaching-Unternehmens Vivelia, im Interview mit HORIZONT Online.
Aktuelle Belege für das hohe Konfliktpotenzial zwischen Arbeitnehmergenerationen sind schnell gefunden. Ende Februar sorgte ein Hamburger Agenturchef mit der Ankündigung für Aufsehen, wegen vermeintlich zu hoher Ansprüche der Generation Z an den Arbeitgeber mittelfristig
keine Praktikanten mehr einstellen zu wollen. Der Manager erntete dafür ordentlich Kritik, viele User zeigten aber auch Verständnis.
Nicht nur dieses Anspruchsdenken kann die nunmehr fünf Generationen, aus denen die Arbeitswelt heute besteht, spalten. Auch das Verständnis bei älteren Mitarbeitern, dass man sich Verantwortung erst jahrelang erarbeiten müsse, führt immer wieder zu Konflikten. Das zeigen die unterschiedlichen Reaktionen auf die jüngste Personalmeldung von Thjnk. Die Kreativagentur hat einen
25-Jährigen zum Digitalchef ernannt, was in den sozialen Netzwerken Jubel aber auch Kritik hervorgerufen hat. Und zeigt: Wo Erfolg ist, ist Neid nicht weit.
"Damit geht thjnk echt progressiv voran. Diese Konzern-Denke in Agenturen führt dazu, dass die wenigsten Talente noch in klassischen Full-Service-Agenturen arbeiten wollen", kommentiert beispielsweise ein User auf Facebook.Warum der Generationenstreit vor allem für Werbeagenturen ein großes Thema ist, weiß Daniel Kollmann. Er hat vor fünf Jahren Vivelia in Berlin gegründet. Mit verschiedenen Coachingangeboten unterstützt das Unternehmen Arbeitnehmer dabei, die Herausforderungen im Berufsalltag mental besser zu meistern. Gegenüber HORIZONT Online erklärt Kollmann, was die größten Konfliktpotenziale sind, warum besonders die Kreativbranche anfällig ist und welche goldenen Regeln es für das Lösen von Generationenkonflikten gibt.
"Die Auffassung von Arbeit hat sich einfach verändert"
Herr Kollmann, Sie helfen unter anderem Arbeitnehmern bei Burn-out oder Konflikten mit Kollegen. Gerade der Clash der Generationen beschäftigt derzeit viele Unternehmen, vor allem Agenturen. Was ist das Besondere am Generationenstreit heutzutage? Jung und Alt arbeiten ja eigentlich schon immer zusammen. Das stimmt, Probleme zwischen verschiedenen Generationen am Arbeitsplatz sind sicher kein neues Phänomen. Doch sie erhalten in der heutigen Zeit eine höhere Bedeutung, da die Digitalisierung und die damit verbundene Schnelllebigkeit ein höheres Tempo von Akteuren erfordern und damit die "älteren" Generationen vor neue Herausforderungen stellen.
Opinary Generation Z Job
Was sind allgemein die größten Konfliktpotenziale zwischen den Generationen? Großes Potenzial geht bemerkenswerterweise von Dingen aus, die in Verbindung mit New Work entstehen. Gerade ältere Mitarbeiter müssen zum Beispiel realisieren, dass Work-Life-Balance nicht bedeutet, dass die Generationen Y und Z arrogant sind oder bei ihnen ein mangelndes Interesse am Job vorliegt. Die Auffassung von Arbeit hat sich einfach verändert. Junge Arbeitnehmer wollen heute ihren Arbeitsplatz mitgestalten, ihre Arbeit soll sinnstiftend sein. Das sollten ältere Semester anerkennen.
Hier dürften vor allem auch die Führungskräfte gefragt sein, dies vorzuleben. Genau. Früher gab es einfach ein anderes Verständnis, dass man sich Verantwortung und Freiräume im Beruf erst erarbeiten muss. Langjährige Berufserfahrungen waren die Bemessungsgrundlage. Gleichzeitig spielt der Faktor Neid eine große Rolle, da die älteren Generationen sich ihren Status vermeintlich härter erarbeiten mussten.
Eine mangelnde Perspektivübernahme und Empathie können als Brandbeschleuniger wirken.
Daniel Kollmann
Ist der Generationenkonflikt nicht stark mit Vorurteilen und Klischees behaftet? Dass es Generationsunterschiede gibt, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber natürlich darf man nicht alle über einen Kamm scheren. Wenn jedoch nicht jeder Beteiligte kritisch reflektiert, inwiefern potentielle Vorurteile am Wirken sind, werden die Konflikte noch verschärft. Eine mangelnde Perspektivübernahme und Empathie können als Brandbeschleuniger wirken.
Gibt es ein paar goldene Regeln, wie sich der Generationen-Clash lösen lässt? Man sollte bei sich selbst beginnen und das eigene Denken und Kommunizieren hinterfragen. Es ist wichtig zu verstehen und anzuerkennen, dass es kein "so ist es richtig und so ist es falsch" gibt und Verständnis für seine Kollegen aufbringen. Herausforderungen oder Probleme können nicht nur auf eine Art gelöst werden. Zudem kann man die eigenen Wünsche analysieren: Warum genau bin ich gerade so verärgert? Welches meiner Bedürfnisse wird nicht erfüllt?
Bedürfnisse wie mehr Autonomie, Mitgestaltungsmöglichkeiten, Anerkennung? Zum Beispiel. Wichtig ist, sich anschließend mit den Kollegen über die jeweiligen Bedürfnisse auszutauschen und dabei auch bewusst die Perspektive des anderen einnehmen. Nur so entwickelt man ein Verständnis füreinander und kann voneinander lernen.
Die meisten unserer Kunden, circa 25 Prozent, arbeiten in Werbeagenturen, Medienunternehmen und Unternehmensberatungen.
Daniel Kollmann
Welche Branchen sind besonders anfällig für Konflikte? Die meisten unserer Kunden, circa 25 Prozent, arbeiten in Werbeagenturen, Medienunternehmen und Unternehmensberatungen. Die Belastung ist grundsätzlich höher, da die Branche wenig Flexibilität und Selbstentfaltung zulässt. Die Arbeit der Kreativen muss sich an den Wünschen und Anforderungen der Kunden orientieren. Daher ist eine persönliche Weiterentwicklung schwieriger. Zudem gibt es in diesen Branchen einen hohen Zeit- und Leistungsdruck, welcher sich ebenfalls negativ auf das Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Mitarbeiter auswirken kann. Unsere Coachings sind eine wertvolle Unterstützung, die eigenen Ressourcen zur Bewältigung dieser Herausforderungen zu erkennen und einzusetzen. Denn wir sind davon überzeugt, dass jeder Mensch diese Fähigkeiten in sich trägt.

Generation Z
Warum ein Hamburger Agenturchef keine Praktikanten mehr will
Sechs-Stunden-Tag und üppige Incentives: Der Generation Z haftet das Vorurteil von unverhältnismäßig hohen Ansprüchen an den Arbeitgeber an. Einem Hamburger Agenturchef wird das nun zu bunt. Er zieht die Reißleine. ...
Vor einigen Wochen führten unterschiedlichen Auffassungen von Arbeit dazu, dass ein Hamburger Agenturchef ankündigte, mittelfristig keine Praktikanten mehr einstellen zu wollen. Können Sie seine Entscheidung verstehen? Ich will nicht infrage stellen, dass er wirklich negative Erfahrungen gemacht hat. Aber pauschalisieren und sich einer gesamten Generation zu verschließen, hilft nicht. Das Vorurteil "erst das Vergnügen, dann die Arbeit" trifft bei weitem nicht auf jedes junge Talent zu. Grundsätzlich ist wichtig: eine empathische Grundhaltung in der Mitarbeiterführung hilft. Ein echtes Verstehen-wollen der dahinterstehenden Bedürfnisse kann konstruktive Lösungen schaffen.
Haben auch Sie bereits Erfahrungen mit der Generation Z gemacht, die den Erfahrungen des Agenturchefs ähneln? Ja, bei uns forderte ein 21-jähriger Developer beim Einstieg eine 30-Stunden-Woche mit der Begründung, er wolle auch noch Zeit für andere Dinge haben. Das war natürlich erst einmal ungewöhnlich.
Haben Sie ihn trotzdem eingestellt? Ja, zum Glück. Er nutzt diese 30 Stunden sehr effektiv. Vielleicht fordert die junge Generation auf den ersten Blick weniger Arbeitszeit. Sie ist aber gleichzeitig auch bereit, in der vorhandenen Zeit die eigenen Ressourcen voll auszuschöpfen. Motivierte Mitarbeiter, die Lust und Energie haben, das Unternehmen nach vorne zu bringen, tragen zum Unternehmenserfolg bei. Und das ist doch am Ende das Wichtigste.
So sieht das Vivelia-Büro in Berlin von innen aus
Vor fünf Jahren haben Sie Vivelia – Coaching for better work gegründet. Ein Unternehmen, das Arbeitnehmern dabei hilft, die Herausforderungen im Berufsalltag, die unter anderem von den dynamischen Arbeitsbedingungen geprägt sind, mental besser zu meistern. Wie machen Sie das genau? Jeder von uns leidet irgendwann mal unter Stress, findet sich in neue Rollen nur schwer ein, oder fühlt sich generell belastet. Unser Coachingangebot unterstützt Mitarbeiter und Führungskräfte, eine wertschätzende und empathische Grundhaltung sich selbst und anderen gegenüber anzueignen. Aber auch, wie man besser und effektiver kommuniziert. Man kann lernen, sich seiner eigenen Vorurteile und Bewertungen bewusst zu werden und das eigene Handeln nicht blind davon steuern zu lassen. So können Arbeitnehmer ihre Energie effektiver einsetzen als sich über unveränderliche Dinge aufzuregen. Das verbessert die Produktivität und Zufriedenheit am Arbeitsplatz und beugt auch einem Generationenstreit vor.
Wie kann man sich ein solches Coaching vorstellen? Die Mitarbeiter der Unternehmen buchen ihre Coachingsitzungen direkt und anonym über unsere Website. In durchschnittlich drei bis fünf Sitzungen entwickeln die Klienten gemeinsam mit unseren Coaches (Psychologen und approbierte Psychotherapeuten) Lösungsstrategien, welche sie im Arbeitsalltag einbinden. Die Sitzungen können vor Ort in unseren Räumlichkeiten in Berlin-Mitte wahrgenommen werden oder digital per Video, Chat oder Telefon. Die Formel ist einfach: Wenn es dem Team gut geht, geht es auch dem Unternehmen gut.
Interview: jebWelche Erfahrungen haben Sie zum Thema "Generationen-Clash" im Büro gemacht? Wir freuen uns über Ihren Kommentar!