Der Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA schlägt Alarm: Aufgrund des Mangels an Fachkräften droht einer Vielzahl von Agenturen, Aufträge nicht mehr stemmen und nicht mehr wachsen zu können - beziehungsweise: zu schrumpfen. So die dramatische Prophezeiung von Verbandspräsidentin Larissa Pohl. Ein Maßnahmenpaket soll die negative Entwicklung stoppen.
Pohl nimmt Bezug auf eine Umfrage unter den Mitgliedsagenturen des GWA, in der die Dienstleister berichten, wie schwierig es ist, Personal zu finden und wie viel fehlt: 85 Agenturen haben sich zu den Fragen geäußert. #PAYWALL Allein unter ihnen sind 1492 Positionen vakant. Für das gerade erst gestartete Jahr erwarten die befragten Führungskräfte eine unheilvolle Dynamik, denn sie wollen zusätzlich zu den aktuell bereits fehlenden Fachkräften weitere 2065 Stellen ausschreiben.
Hochgerechnet ist davon auszugehen, dass in der Agentur-Szene insgesamt tausende, wenn nicht gar mehr als zehntausend Mitarbeitende fehlen. Dies ist die augenblicklich größte gemeinsame Herausforderung der Agenturen in Deutschland.
GWA-Präsidentin Larissa Pohl
GWA-Präsidentin Larissa Pohl will den Fachkräftemangel bekämpfen
"Schon diese Zahlen alarmieren. Hochgerechnet ist sogar davon auszugehen, dass in der Agentur-Szene insgesamt tausende, wenn nicht gar mehr als zehntausend Mitarbeitende fehlen. Dies ist die augenblicklich größte gemeinsame Herausforderung der Agenturen in Deutschland", sagt Pohl. Am größten ist der Mangel demnach in den Bereichen Beratung, Technologie & Programmierung, digitale Kommunikation, Projektmanagement und Konzeption.
Wie viele Fachkräfte in Agenturen fehlen
Tatsächlich ist die Situation nicht neu:
2020 hatte der Arbeitsmarkt Werbung einen Minusrekord erlebt, bilanzierte der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) Anfang vergangenen Jahres. Mehr als ein Drittel weniger Jobs wurden im ersten Jahr mit der Pandemie für Werbefachleute von werbungtreibenden Firmen, Agenturen und Medien ausgeschrieben. Das dickste Minus kam dabei von den Agenturen, die 44 Prozent weniger Jobs im Angebot hatten.
2021 mussten die Dienstleister dann hinnehmen, dass sie für die nun wieder inserierten Stellen nur schwer Interessentinnen und Interessenten finden konnten – die Agenturen hatten in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres 55 Prozent mehr Jobs ausgeschrieben als im Vorjahreszeitraum. Zum Nachdenken sollte die Führungsriege der Dienstleister bringen, dass sie trotz Corona in vielen Fällen ihre Marge verbessern konnten, aber offensichtlich zu wenig Personal gehalten oder neu verpflichtet haben. Ein Problem, das auch andere Branchen kennen.
Wo die meisten Stellen bei Agenturen vakant sind
Nun will der GWA eine Offensive starten, mit "kurz-, mittel- und langfristig wirkenden Aktivitäten", wie Pohl ankündigt Aufgabe sei, die Tätigkeit in Agenturen noch attraktiver zu gestalten, um Mitarbeitende zu halten und gleichzeitig um potenzielle Mitarbeitende verschiedener Gruppen anzuwerben. Dabei solle es nicht allein um Nachwuchs, sondern auch zum Beispiel um Fachkräfte 50+, Eltern, ehemalige Agenturmitarbeitende, Kandidaten aus anderen Branchen und Fachkräfte aus dem Ausland gehen. "Das Problem wird nicht gelöst, wenn eine Agentur Mitarbeitende bei anderen Agenturen rekrutiert. Das Problem ist nur zu lösen, wenn jedes Jahr tausende Menschen neu für Agenturen begeistert und für die Agenturbranche gewonnen werden. Das wird der GWA nicht allein schaffen. Aber wir werden einen Beitrag dazu leisten", so Pohl. Welche konkreten Aktivitäten geplant sind, hat der GWA noch nicht bekannt gegeben.
Vor Corona hatte der Verband unter anderem eine Tour durch verschiedene Hochschulstandorte umgesetzt, bei der Vertreterinnen und Vertreter von Agenturen ihre Disziplinen vorgestellt und für ihre Zunft getrommelt hatten. Außerdem hatte der Verband seinem Nachwuchsengagement 2019 ein neues Label verpasst:
Aus der Recruiting-Veranstaltung "Adday/Adnight" wurde der „MADday“. Gemeinsam mit anderen Branchenverbänden wurde zudem das
Programm "Komm in die Agentur" sowie die
Kampagne "Lebe Dein Talent" umgesetzt.
ems