Zugegeben: Die Kampagne ist drastisch. In dem Film ist Adolf Hitler beim Reichsparteitag 1934 in Nürnberg zu sehen, nur wurde ihm eine neue Botschaft in den Mund gelegt. Diese lautet: Wäre Hitler heute an der Macht, würde er Facebook, Twitter und Youtube dafür nutzen, um Propaganda zu verbreiten und um junge Menschen in die Fänge des Nationalsozialismus zu locken.
Genau das passiert heutzutage wirklich, so die Botschaft von Gesicht zeigen!. Man dürfe das Netz deswegen nicht den Nazis überlassen. Doch bei Youtube kam die Message offenbar nicht an: Kurz nach Erscheinen wurde das Video auf der Plattform gesperrt - und zwar in 30 Ländern, wie es von Seiten der verantwortlichen Agentur Ogilvy heißt.
Tim Stübane, Geschäftsführer von Ogilvy Berlin, erklärt auf Nachfrage von HORIZONT Online, dass es wohl vereinzelte Nutzerbeschwerden gegeben habe.
Wirklich überraschend kommt die vorübergehende Sperrung des Videos gleichwohl nicht: Youtube führt
in seinen Community-Standards aus, dass hasserfüllte und (für Kinder) gefährliche Inhalte auf der Plattform nicht erwünscht sind. In einer E-Mail-Benachrichtigung von Youtube an Gesicht zeigen!, die HORIZONT Online vorliegt, werden denn auch genau diese Standards bemüht. Youtube verweist darin etwa auf
die Regeln zu Gewaltätigen oder grausamen Inhalten. Diese besagen: "Terroristischen Organisationen ist die Nutzung von YouTube für jegliche Zwecke, einschließlich der Rekrutierung, nicht gestattet."
Möglicherweise liegt genau hier der Grund für die Sperrung: Wer das Video auf Youtube findet und es sich nicht bis zum Ende ansieht, dem erschließen sich möglicherweise weder Botschaft noch Absender. So mancher unbedarfte Zuschauer könnte es daher als Droh-Gebährde von Neonazis wahrnehmen, das Internet für die eigenen Zwecke zu nutzen. Dabei will die Kampagne genau davor warnen.
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Entfernt werden müssten solche kritischen Inhalte laut Youtube gleichwohl nicht immer. Möglich sei nach der Prüfung durch Youtube auch die Einschränkung bestimmer Funktionen wie Kommentare oder vorgeschlagene Videos. Diese Videos seien weiterhin auf Youtube verfügbar, würden jedoch erst nach einem Warnhinweis angezeigt. Das war hier offenbar nicht der Fall.
Der Fall zeigt: Im Umgang mit rassistischen oder rechtsextremen Inhalten auf Social-Media-Plattformen lauern viele Stolperfallen, die eine Überprüfung durch Menschenhand letztendlich unabdingbar machen. Was die Sache nicht wirklich einfacher macht: In Deutschland ist seit Beginn des Jahres sogar ein Gesetz gegen Hass und Hetze im Netz in Kraft,
das so genannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Kritische Stimmen behaupten, dass die Betreiber sozialer Netzwerke seitdem fragliche Inhalte löschen, um einer möglichen Strafe zu entgehen - und dabei auch Content verloren geht, der eigentlich gar nicht gegen das Gesetz verstößt.
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Update: Wie Ogilvy mitteilt, ist die internationale Version des Spots auf Youtube nach wie gesperrt - warum, ist derzeit noch unklar.