WM-Blog von JvM/Sports

Katja Kraus - Die DFB-Elf als Prototyp einer modernen Leistungsgesellschaft

Christoph Metzelder, Katja Kraus, Raphael Brinkert und Hans Sarpei schreiben für HORIZONT.NET
Christoph Metzelder, Katja Kraus, Raphael Brinkert und Hans Sarpei schreiben für HORIZONT.NET
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Die Fußball-Weltmeisterschaft hat mittlerweile Fahrt aufgenommen. Bei Jung von Matt/Sports verfolgt man das Turnier mit besonders großer Aufmerksamkeit - und zwar nicht nur, weil Sportaffinität dort groß geschrieben wird. Mit den Geschäftsführern Katja Kraus, Christoph Metzelder und dem Social-Media-Consultant Hans Sarpei arbeiten Menschen in der Agentur, die selbst einst bei Fußball-Weltmeisterschaften auf dem Platz standen. Auf HORIZONT.NET werden Metzelder, Kraus, Sarpei und Raphael Brinkert, ebenfalls Geschäftsführer bei JvM/Sports, in den kommenden Wochen im Wechsel darüber schreiben, wie sie die WM erleben.

Montag, 14. Juli 2014

Es ist vollbracht: Deutschland ist Fußball-Weltmeister. Was war dabei der Schlüssel zum Erfolg? In den vergangenen Stunden wurden immer wieder zwei Faktoren bemüht, die der DFB-Elf - abgesehen von der Leistung auf dem Platz - den Weg zum Titel geebnet hätten: Teamgeist und mannschaftliche Geschlossenheit. Für Katja Kraus steht die deutsche Nationalmannschaft damit für Werte, die nicht nur im Sport erstrebenswert sind.

Im abschließenden Beitrag des WM-Blogs von Jung von Matt/Sports auf HORIZONT.NET legt Kraus dar, wie die Entwicklung des DFB-Teams in den vergangenen Jahren letztendlich zum ersehnten WM-Titel führte - und inwiefern sich daraus Parallelen für die Wirtschaft ziehen lassen.

Katja Kraus stand 1995 mit Deutschland im WM-Finale (Bild: Gunter Glücklich)
Katja Kraus stand 1995 mit Deutschland im WM-Finale (Bild: Gunter Glücklich)

Nach einer wechselhaften Vorrunde und einem mühsamen Achtelfinale wuchsen die im Vorfeld publizistisch ausgebreiteten Zweifel an unserer Nationalmannschaft und die Mentalität von Trainer und Mannschaft wurden einmal mehr kritisch hinterfragt. Die Ruhe und die Geschlossenheit, mit der das gesamte Team dieser Skepsis entgegentrat, ist eine Erklärung für das erfolgreiche Auftreten bei diesem Turnier und ein Beleg für den enormen Glauben an die eigene Stärke, die von den prognostizierten klimatischen und kulturellen Widrigkeiten ebenso wenig zu erschüttern war, wie durch das Fehlen oder die verletzungsbedingte Schwächung von Spitzenkräften.

Es war schon immer einfacher jene Sachen zu sehen, die fehlen, als jene zu sehen, die da sind. Dass das Festhalten an öffentlich infrage gestellten Spielern ein Vertrauensbeweis ist, der zu besonderem befähigt, ist als Methode von Joachim Löw durchaus bekannt. Sein Bewusstsein für die optimale Zusammensetzung eines Team mit Blick auf die spezifischen Herausforderungen hat in den vergangenen Jahren zur Nichtberücksichtigung vermeintlicher Führungsspieler geführt.

Nach missratenen Spielen ist die Sehnsucht nach Anführern beim Fußballpublikum immer wieder groß. Jene Spieler, die vorweggehen, Zähne zeigen und Reibung erzeugen. Dass diese Sehnsucht zwei Seiten hat, wissen wir seit gestern: Der Bundestrainer hat für sein System erkannt, dass Führungspersönlichkeiten nicht nur leiten sondern auch streiten.

So oft wurde Teamgeist und Teamgefüge in den letzten Wochen betont. Und Wenn man sich die Bilder nach dem Spiel ansieht, da wo sich Spieler, Spielerfrauen und Trainerstab vertraut begegnen, dann will man dieses Plädoyer an das Kollektiv gerne glauben.

Es sind genau diese intersozialen Dynamiken, die seit der Ära Klinsmann/Löw eine wichtige Rolle spielen und mit deren Berücksichtigung die deutsche Nationalmannschaft gesellschaftliche Veränderungen wie keine andere Nation repräsentiert.
Bei genauerer Betrachtung ist unser Team genau das: Ein Prototyp einer modernen Leistungsgesellschaft und von modernen Unternehmen.

Wir sehen in unserer DFB-Elf eine starke Gemeinschaft, die für ein übergeordnetes Ziel individuelle Kompetenzen unterzuordnen bereit ist. Die Hierarchien sind flach, die Marschrichtung wird konsensual entschieden. Erfolg wird geteilt und Misserfolg auch. So wird Verantwortung von allen getragen und damit die Ernsthaftigkeit jeder einzelnen Rolle genauso stark gewichtet, wie die Bedeutung jedes Spielers für das Endergebnis.

Das Vertrauen, das der Bundestrainer seinen Stützen aus den vergangenen Jahren zugesteht, begründet diese Entwicklung ebenso wie das Bewusstsein für die besonderen Einflüsse der Spieler mit Migrationshintergrund sowie dem gegenseitigen Respekt zwischen unterschiedlich geprägten, mehr oder weniger etablierten Spielern.

Vertrauen in Talent, aber auch in Erfahrung. Unterschiedliche kulturelle Einflüsse und ein Gefüge, das Verantwortung gemeinsam teilt egal ob im Rampenlicht oder im Back Office. Werte, die nicht nur für den Sport erstrebenswert sind. Über all dem steht das Streben nach Kontinuität und die Erkenntnis, dass Erfolg auch Geduld benötigt.

Für die Nationalmannschaft und Unternehmen gilt: Nur wer sät und die Entwicklung der Saat im Auge behält, auf Wettereinflüsse flexibel reagiert, kann auch ernten. Viele aktuelle Nationalspieler haben sämtliche DFB-Jugendmannschaften durchlaufen. Sechs davon sind 2009 U21-Europameister geworden. Zeitgleich setzten sich exzellent ausgebildete Trainer wie Tuchel, Weinzierl oder Gisdol durch, die imstande sind, Spielern eine komplexe Bildung zur Verfügung stellen. Neben Lichtgestalten wie Jürgen Klopp und Pep Guardiola sind es genau diese, die in Zukunft Akzente setzen werden.

Wertschätzung von Erfahrung und das behutsame Aufbauen von Talenten steht bei modernen Unternehmen schon lange als Aufgabenstellung ganz oben. Ausbildung, Erfahrung und positive Programmierung sind branchenübergreifende Erfolgsfaktoren. Die Spieler des FC Bayern München, die den Kern des Nationalteams bilden, verkörpern das perfekt. Sie wurden in den vergangenen Jahren von exzellenten Trainern ausgebildet und weiterentwickelt, haben gemeinsam den Umgang mit Erfolg und Misserfolg gelernt, durch die zahlreichen Titel einen unbändigen Glauben in die eigenen Stärken entwickelt, nach dem verlorenen Champions-League Finale verstanden, dass es für den absoluten Erfolg maximale Fokussierung und gleichbleibende Gier braucht. All das haben sie in diese Weltmeisterschaft eingebracht.

Die Atmosphäre für Bestleistungen haben die DFB Verantwortlichen geschaffen. Und damit zwangsläufig irgendwie diesen Titel.

Dienstag, 8. Juli 2014

Wenige Stunden noch bis zum WM-Halbfinale zwischen Gastgeber Brasilien und der deutschen Elf - Christoph Metzelder stand 2002 und 2006 selbst zweimal in der Vorschlussrunde und weiß genau, worauf es heute Abend ankommt. Außerdem erinnert sich der Ex-Kicker von Real Madrid und heutige Geschäftsführer von Jung von Matt/Sports in unserem WM-Blog an die gestern verstorbene Madrider Vereinslegende Alfredo di Stefano.

Christoph Metzelder machte 47 Länderspiele für Deutschland (Bild: Carsten Sander)
Christoph Metzelder machte 47 Länderspiele für Deutschland (Bild: Carsten Sander)

Mein heutiger Blog zum Halbfinal-Spiel beginnt leider mit einem Nachruf: Gestern verstarb Real-Legende und -Ehrenpräsident Alfredo di Stefano. Ein Mann, der nicht nur ein Jahrhundert-Stürmer war und in den 1950er Jahren mit Real Madrid unter Präsident Santiago Bernabeu den europäischen Vereinsfußball nach Belieben dominierte. Nein, er war auch der erste globale Superstar, der den Grundstein für den Mythos legte, dass Real Madrid qua Definition immer die besten und teuersten Spieler in den eigenen Reihen haben muss. Und so war seine Anwesenheit bei der Vorstellungs-Präsentation eines jeden Spielers nicht nur die Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Tradition und Moderne, nein sie war auch eine Mahnung an die Spieler, immer zu den Besten, Größten und Glanzvollsten zu gehören. Als Mannschaft, aber auch als Einzelner!

Um die Besten und Glanzvollsten geht es auch bei der WM in Brasilien. Es ist die Suche nach den Besten, also der besten Mannschaft, aber mehr denn je auch die Suche nach dem Besten, dem besten Spieler des Turniers, der mit seiner Art und Weise das Turnier geprägt hat. Es ist die ewige Frage, was denn nun wichtiger sei: die Mannschaft oder der Star! Die Werbung beantwortet die Frage relativ deutlich und setzt auf die globalen Superstars. Von Neymar über Messi, Ronaldo und Rooney und Balotelli bis hin zu nationalen Persönlichkeiten wie Mario Götze und Marco Reus. In der Hoffnung, dass man die Wette auf den Star der WM gewinnt und die Abstrahleffekte auf die eigene Marke mitnehmen kann.

Nach den Überraschungen in den Vorrundenspielen ist im Viertelfinale die Zeit der Favoritenstürze vorbei und alles beim Alten! Deutschland spielt gegen Brasilien, Holland trifft auf Argentinien. Und eigentlich sind das auch Duelle zwischen Neymar und Müller, Messi und Robben. Doch Neymar, der große Hoffnungsträger des Gastgebers, wurde von den Kolumbianern unsanft aus dem Turnier genommen und hat die Hoffnungen der Selecao deutlich eingetrübt. Denn ohne ihren Superstar fehlt der Mannschaft aus aggressiven Defensivkünstlern das entscheidende Momentum in der Offensive. Und irgendwie fehlt einem nun die Fantasie, dass das mannschaftliche Kollektiv, getragen von der Begeisterung eines ganzen Landes ausreicht, um im Halbfinale Deutschland zu schlagen.

Beim am Wochenende ausgetragenen Shutterstock Agency Cup in Leipzig, dem alljährlichen sportlichen Kräftemessen der Agenturen zwischen Hamburg und München, siegte übrigens nicht die Mannschaft der vermeintlichen Superstars. Trotz der Doppelsechs Sarpei/Metzelder scheiterte die hoffnungsvolle Elf von Jung von Matt gegen den späteren Turniersieger nach Siebenmeterschießen im Achtelfinale. Es war ein Sieg des Kollektivs mit einem tollen Torhüter. Das sollte uns Hoffnungen auf das heutige Spiel und den weiteren Turnierverlauf in Brasilien machen!

Euch allen ein tolles Spiel,

Christoph Metzelder

Mittwoch, 2. Juli 2014

Dass Fußballvereine heutzutage Wirtschaftsunternehmen sind, ist eine Binsenweisheit. Damit geht einher, dass auch das Geschehen auf dem Platz zunehmend nach den gleichen Gesetzen organisiert wird wie in der Wirtschaft. Ob im Sport oder in Unternehmen: Strategische, personelle und kreative Impulse entscheiden Spiele, meint Raphael Brinkert.

Inwieweit Trainer wie der Niederländer Louis van Gaal und der Brasilianer Luis Felipe Scolari das begriffen haben und warum die Mannschaft eben doch nicht der Star sein sollte, erklärt der Geschäftsführer von Jung von Matt/Sports in seinem neuen Blogbeitrag.

Raphael Brinkert ist Mitinhaber von Jung von Matt/Sports (Bild: Agentur)
Raphael Brinkert ist Mitinhaber von Jung von Matt/Sports (Bild: Agentur)

Was haben Louis van Gaal, Felipe Scolari und Jogi Löw mit Unternehmern, Marketing-Direktoren und Agentur-Managern gemeinsam? Sie alle entscheiden durch Ihre strategischen, personellen und kreativen Impulse Spiele zugunsten ihrer Mannschaft oder ihres Unternehmens.

Und genauso wie die Wirtschaft davon lebt, dass aufstrebende Persönlichkeiten am Thron etablierter Player rütteln, so kämpften die Chilenen und Niederländer, perfekt ein- und aufgestellt, erfolgreich gegen den Status Quo der vermeintlich unbesiegbaren Spanier. Mit strategischer Kompetenz und kreativer Exzellenz.

Louis van Gaal, Trainer der Niederländer, stellte wenige Wochen vor der WM sogar das Jahrhundert-System der Niederlande in Frage: Vom historischen 4-3-3 hin zu einem 3-5-2. Im Land des "Total Voetbal" ein Unding, welches nicht nur für Stirnrunzeln, sondern auch mediale Proteste sorgte. Doch Louis van Gaal blieb hart und ließ mitteilen, dass seine Mannschaft aufgrund des Spielermaterials in einem 4-3-3-System gegen Spanien nicht gut genug sei. Das Ergebnis: Ein Strategie-Sieg des Vize-Weltmeisters gegen den amtierenden Weltmeister. Oder, wie Louis van Gaal es gern ausdrückt: "Laufen ist für Tiere, Fußball ist mit Gehirn und Ball."

Im Turnierverlauf greift der brasilianische Nationaltrainer Felipe Scolari zu personellen Maßnahmen: Nach den Weinausbrüchen von Neymar und Co. beim Spielen der Hymne und vor allem vor, während und nach dem Elfmeterschießen gegen Chile wird das Team der Selecao ab sofort von einer Psychologin betreut, welche die emotionale Instabilität der Spieler mittels Gesprächstherapie behandeln soll. Ob die kurzfristige Verstärkung der Mannschaft hilft, wird sich beim Viertelfinale gegen Kolumbien am Samstag zeigen. Dass die Erwartungshaltung an den 5-fachen Weltmeister und Gastgeber der 20. Fußball-Weltmeisterschaft extrem hoch ist, dürfte jedoch keine Erkenntnis der letzten 120 Minuten sein.

Kein neuer Satz ist dagegen das Motto "Der Star ist die Mannschaft", welches wir 1996, bei unserem letzten Titelgewinn, von Berti Vogts gelernt haben. Ursprünglich aufgrund der Anzahl an Verletzten nur als Appell vor dem EM-Finale gedacht, verselbstständigte sich der Spruch in Deutschland über viele Branchen und Gremien. Ein fataler Irrtum, wie Matthias Sammer, Spieler der damaligen Mannschaft, Jahre später in neuer Verantwortung bemerkte. Der Grund: Der Spruch legt nahe, dass alle Personen in einem Team gleich sind.

Sammer teilt Fußballer in drei Kategorien ein: Führungsspieler, Teamspieler und Individualisten. Ein Denken, welches auch in den erfolgreichen Unternehmen zuhause ist. Mit transparenten Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen. Und mit Gestaltungsspielraum für Individualisten und Kreative. Egal, ob als falsche Neun auf dem Platz oder als richtig guter Texter, Arter oder Konzeptioner in der Agentur.

Für Deutschland wird im Turnierverlauf entscheidend sein, mit welchen strategischen, personellen und kreativen Impulsen Jogi Löw die DFB-Elf gegen Frankreich aufstellt. Vorschläge gibt es von mehreren Millionen Fans genug, umso besser, dass Einer die Verantwortung trägt und seinen Kopf hinhält. Denn aus Gremium wird selten Premium - es sei denn, man möchte gemeinsam feiern.

Donnerstag, 26. Juni 2014

Das frühe WM-Aus von Spanien, England und Italien kam für viele überraschend. Nicht für Katja Kraus. Schaut man genauer hin, habe sich der Misserfolg der Mitfavoriten angekündigt, findet die ehemalige Fußball-Nationalspielerin, die heute in der Geschäftsführung von Jung von Matt/Sports sitzt: "In allen Fällen wurde den Mannschaften ihre stabilisierenden Erfolgsrezepte zum Verhängnis", schreibt Kraus in ihrem Beitrag im WM-Blog von JvM/Sports.

Auf den zweiten Blick wird deutlich: Das Phänomen gibt es auch in der Wirtschaft. Auf HORIZONT.NET beschriebt Katja Kraus, warum sowohl Fußball-Teams als auch Wirtschaftsunternehmen die Komfortzone verlassen müssen, wenn sie dauerhaft erfolgreich sein wollen.

Katja Kraus stand 1995 mit Deutschland im WM-Finale (Bild: Gunter Glücklich)
Katja Kraus stand 1995 mit Deutschland im WM-Finale (Bild: Gunter Glücklich)

Südamerikas Herz ist die Attraktion dieser WM - Europäische Titelaspiranten sind ausgeschieden. Diese spektakuläre WM hat ihre Überraschungen schon in der Vorrunde erlebt; Etablierte Fußballnationen wie Spanien, Italien und England wurden ausgebremst von südamerikanischer Leidenschaft. Alle drei Nationen haben im Vorfeld Anspruch auf den Titel angemeldet. Während Spanien als amtierender Titelträger und dominante Fußballmacht der letzten Jahre seine logische Rolle eingenommen hat, fanden die Ansprüche von Italien und England Verwunderung. Die Rahmenbedingungen des Scheiterns sind verschieden, die Ursache dieselbe!

Nach drei großen Titeln auf internationaler Ebene bezweifelte der spanische Nationaltrainer vor der WM, dass der erfolgsverwöhnte Ballbesitz-Fußball auch in Brasilien zum Titel führen kann. Eine weise Einschätzung in Anbetracht der Realität, es bleibt die Frage, warum der Spielstil nicht veränderten Anforderungen angepasst wurde. Vielleicht war es eine Ehrerweisung für all diejenigen, die eine phantastische spanische Epoche geprägt haben.

Der Misserfolg der Italiener und Engländer hingegen ist langfristig gewachsen. Geblendet vom Titelgewinn 2006 hat Italien es versäumt, gezielt die eigene Nachwuchsförderung zu entwickeln. Die tragenden Säulen der Mannschaft sind noch immer Gianluigi Buffon (36) und Andrea Pirlo (35), die bereits vor acht Jahren die Mannschaft führten und durchaus erfolgreich eine andere Zeit des Fußballspiels repräsentieren. Die Engländer hingegen haben sich auf eine naive Weise ihrem unanfechtbaren Kampfgeist verschrieben und einmal mehr vergeblich darauf gesetzt, dass Wille allein Berge versetzt.

Das Pikante daran: In allen Fällen wurden den Mannschaften ihre stabilisierenden Erfolgsrezepte zum Verhängnis! Erfahrung, taktische Überlegenheit und Heldenmut verpufften in nur drei Gruppenspielen. Es fehlte in allen Fällen an der Flexibilität, sich den spezifischen Anforderungen dieser WM anzupassen.

Dass ein lange Strecke von Erfolgen irgendwann zu Misserfolgen führen kann, ist nicht neu. In der Wirtschaft ist dies schon lange als sogenannte Sucess-Trap bekannt. Die Anzahl der Firmen, die den Umbruch verschlafen, ist breit und namhaft. Oft sind es verschiedene Entwicklungen im Markt, die die Lage von Unternehmen radikal verändern können: Neue Konkurrenten aus fremden Segmenten, veränderte Konsumentenbedürfnisse oder innovative Technologien.

Besonders einprägsam ist das Beispiel von BlackBerry. Als einstmals führendes Smartphone der Welt lag die Kernkompetenz in der einzigartigen Tastatur. Mit diesem USP war BlackBerry der Konkurrenz und der T9-Technik weit voraus. Bis zu dem Zeitpunkt als insbesondere das iPhone mit der Touchscreen-Technologie den Markt revolutionierte. Eine Tastatur wurde überflüssig, so auch die gesamte Marke BlackBerry. Die Marke Triumph und die Stadtplan-Ikone Falke reihen sich gerne ein.

Was lernen wir daraus? Man muss rechtzeitig die Komfortzone verlassen! Gerade in erfolgreichen Zeiten - ganz gleich ob in der Wirtschaft oder im Sport - müssen die eigenen Leistungen und Strategien stets hinterfragt werden. Technologie- und Marktentwicklungen machen es notwendig, dass trotz positiver Ergebnisse frühzeitig Umbrüche eingeleitet und neue Wege eingeschlagen werden. Ein Positivbeispiel ist der FC Bayern München, der trotz Triple-Gewinn und nahezu perfektem Spiel einen Trainer wie Pep Guardiola verpflichtete, der als Innovator gilt und Perfektion zu perfektionieren imstande ist. Die wahre Kraft eines erfolgreichen Unternehmens liegt in der Antizipation und Adaptation von notwendigen Veränderungen!

Wenn man den kritischen Moment verschläft, ist das Comeback umso schwerer. Auch der deutsche Fußball musste sich in den letzten Jahrzehnten neu aufstellen. Nach dem letzten großen Titel unserer Nationalelf bei der EM 96 folgten acht lange Jahre Stagnation und Mittelmäßigkeit. Jürgen Klinsmann hat, wenn auch aus einer veritablen Krise heraus, einen Veränderungsprozess eingeleitet, der die stilprägende Entwicklung der vergangenen Jahre grundiert. Wir dürfen gespannt sein, ob Joachim Löw die Erfahrungen der Vergangenheit genutzt hat, um die Gegenwart zu gestalten.

Montag, 23. Juni 2014

Die deutsche Mannschaft hat bei der WM ihr zweites Gruppenspiel gegen Ghana absolviert - und dabei mit den mutig aufspielenden Afrikanern mehr Probleme gehabt als erwartet. Am Ende sprang ein leistungsgerechtes 2:2 heraus. Hans Sarpei hat es gefallen, dass seine "Black Stars", für die er selbst 36 Mal auflief, dem WM-Mitfavoriten Paroli bieten konnten.

Den Social-Media-Consultant von Jung von Matt/Sports interessiert allerdings natürlich insbesondere, wie die WM in den sozialen Netzwerken stattfindet. Wie er den Verlauf der "ersten Social Media WM" einschätzt, beschreibt Sarpei in seinem Blogbeitrag für HORIZONT.NET:

Social Media ist Hans Sarpeis Spezialgebiet (Bild: augenklick/firo Sportphoto)
Social Media ist Hans Sarpeis Spezialgebiet (Bild: augenklick/firo Sportphoto)

Der zweite Spieltag in der Gruppe G ist vorüber. Die Ausgangssituation hat sich dabei vor dem letzten Gruppenspielen nicht verändert: USA und Portugal trennen sich genauso wie Deutschland und Ghana 2:2. Es war ein komisches Gefühl, erstmals bei der Partie meines Geburtslandes gegen meine heutige Heimat nicht auf dem Rasen zu stehen, sondern das Spiel vor dem Fernseher zu beobachten. Auf der einen Seite mit Deutschland einer der Top-Favoriten auf den Titel, auf der anderen Seite die Ghana Black Stars, für die ich während meiner Karriere insgesamt 36 Länderspiele machen und bei den Weltmeisterschaften 2006 und 2010 mit von der Partie sein durfte.

Es folgte ein leistungsgerechtes Unentschieden, dass nach der Punkteteilung zwischen Klinsmann (USA) und Ronaldo (Portugal) allen Mannschaften die Tür zum Achtelfinale offen hält. Und mir die Möglichkeit gibt, nach 90 Minuten Parteiergreifung für Ghana auch wieder Deutschland anzufeuern: Bei einem Sieg beider Mannschaften ziehen wie 2010 Deutschland und Ghana gemeinsam in Runde 2 ein.

Es ist ein herausragendes Gefühl als Spieler an einer WM teilzunehmen und es freut mich, dass dank der Verbreitung und Nutzung der sozialen Netzwerke die WM trotz mehrerer tausend Reisekilometer Entfernung auch für Daheimgebliebene zum Greifen nah ist: Mittels Fotos und Videos von Medien und Freunden vor Ort, dessen Post-Reichweite mittels Likes, Shares und Retweets schnell multipliziert werden.

Die erste Social Media WM präsentiert sich dabei Gott sei Dank nicht so klinisch glatt, wie die vielfach kritisierten Interviews mit den Nationalspielern, sondern so vielfältig wie unsere Welt es in diesen Tagen ist: Wir sehen herausragende Spiele und eine tolle Atmosphäre untermalt von beeindruckenden WM-Kampagnen und gleichzeitig politische Proteste, bedrückende Armutsbilder und Aktionen wie das Abhängen von Fan-Fahnen durch die Fifa. Auf Facebook hätte man früher veröffentlicht: "Ich bin in einer Beziehung mit der WM und es ist kompliziert."

Als Spieler fand ich es bedauerlich, wenn der Fußball für politische Zwecke missbraucht wird. Wenn Medien nur wenige WM-Wochen über Missstände berichten, bevor sie ihre Technik einpacken und zum nächsten Spiel- oder Einsatzort aufbrechen. Im Zeitalter der Mediendemokratie sage ich: Besser diese Berichterstattung als gar keine. Ich würde begrüßen, wenn auch aktive Protagonisten die Möglichkeit nutzen, abseits des Rasens Meinung zu vertreten und Haltung zu zeigen und Ihrer Vorbildfunktion gerade bei den jüngeren Fans gerecht werden.

Die erste Social Media WM ist geprägt vom Kampf um Aufmerksamkeit, um Likes und Shares: Sponsoren, Teams, Spieler, Fans - sie alle sind zu Sendern geworden, die Botschaften veröffentlichen und um die Gunst ihrer Freunde und Fans buhlen. Doch während die User-Interaktionen aufgrund des exklusiven Contents bei Teams und Spieler im WM-Zeitraum explodieren, scheiden viele Unternehmen schon in der Vorrunde aus: unterbrechende Kommunikation funktioniert halt nicht auf Facebook, twitter und Co.

Euch allen eine kommunikative WM-Woche,
Hans

Dienstag, 17. Juni 2014

4:0 gegen Portugal: Ganz Deutschland ist euphorisiert nach dem Traumstart der DFB-Elf in das WM-Turnier. Im Vorfeld war allerdings spürbar, unter welchem Druck die Mannschaft stand. Christoph Metzelder kennt diese Drucksituation aus eigener Erfahrung: Der Geschäftsführer von Jung von Matt/Sports trug bis vor einigen Jahren selbst noch den Adler auf der Brust und stand 2006 im WM-Halbfinale und 2002 sogar im Finale.

Im Folgenden analysiert Metzelder, warum die deutsche Nationalmannschaft am Ende triumphierte und wie es ihr gelang, Weltfußballer Cristiano Ronaldo auszuschalten:


Christoph Metzelder machte 47 Länderspiele für Deutschland (Bild: Carsten Sander)
Christoph Metzelder machte 47 Länderspiele für Deutschland (Bild: Carsten Sander)

Die Anspannung war groß, genauso wie die Zweifel landauf landab. Fast schon traditionell lief die Vorbereitung der Nationalmannschaft suboptimal. Die schwere Verletzung von Marco Reus war sportlich gesehen der negative Höhepunkt, nachdem schon zuvor Leistungsträger wie Sami Khedira, Bastian Schweinsteiger oder Miroslav Klose über Monate ausgefallen waren. Dazu kamen noch die German Angst vor den extremen klimatischen Bedingungen vor Ort und das Fußball-Gesetz, dass europäische Mannschaften bislang keinen Titel in (Süd)amerika gewinnen konnten.

Die ersten Spiele der WM haben vor allen Dingen eines gezeigt: Die befürchtete Vorrunden-Zurückhaltung ist ausgeblieben. Das Tempo war fast euphorisch hoch - selbst Italiener und Engländer bekriegten sich 90 Minuten lang mit einer Intensität, die wir der Haltung (Italien) beziehungsweise den Fähigkeiten (England) der beiden Mannschaften so nicht zugetraut hätten. Selbst die Befürchtung, dass ein früher Rückstand bei den Klima-Bedingungen spielentscheidend sein würde, hat sich bisher nicht bewahrheitet. Im Gegenteil - einige Partien wurden noch vor Spielende gedreht oder erst in der Nachspielzeit entschieden.

Die ersten Tage der 20. Fußball-Weltmeisterschaft haben die meisten von uns interessiert, aber auch ein wenig distanziert beobachtet. Analog zu den Werbefestspielen in Cannes beginnt das Turnier eben erst so richtig, wenn unsere Arbeiten bzw. Protagonisten ins Geschehen eingreifen. Als Stammspieler von 2002 und 2006 durfte ich die besondere Anspannung als Spieler bei einer WM kennenlernen. Nach einer langen Saison und Vorbereitung weiß man nicht wirklich, wo man steht. Gleichzeig stellt die Konstellation eines Turniers mit nur drei Gruppenspielen Trainer und Team vor einem besonderen Druck: Jeder Ausrutscher kann das vorzeitige Aus bedeuten. Mit der Konsequenz, dass man im Negativ-Fall medial gefedert und geteert wird.

Gut, dass man sich in Deutschland seit einigen Jahren auf eine auf den Punkt hin perfekt eingestellte Mannschaft verlassen kann, bei der nichts dem Zufall überlassen wird: Angefangen vom Wohnort der Mannschaft bis hin zu den Gegner-Analysen. Beim gestrigen Spiel gegen Portugal entschied sich Jogi Löw mit Lahm, Khedira und Kroos für drei kontrollierende Sechser und eine nur aus Innenverteidigern bestehende Viererkette - und damit für Kontrolle und defensiven Ausgleich. Portugal stand tief, um Platz für schnelle Konter und die Geschwindigkeit meines ehemaligen Mitspielers bei Real Madrid, Cristiano Ronaldo, zu schaffen.

Nach 20 Minuten und der Führung übernahm Deutschland die Kontrolle über das Spiel, während Portugal in Ballbesitz fast manisch versuchte, Ronaldo zu suchen und anzuspielen. Wieder mal zeigte sich, dass der beste Spieler der Welt im Alleingang nicht gegen das beste Gesamtpaket bestehen kann. Von Manuel Neuer über Thomas Müller bis hin zu einer stark besetzten Bank hat unsere Nationalmannschaft ein solches Paket. Und der Kader hat so viel Qualität in der Breite, dass fast jeder Spieler die Initiative übernehmen und Ideen einbringen kann. Das Ergebnis: Ein klares 4:0 und ein Turnierstart, der an die drückende Überlegenheit vom Auftakt 1990 gegen den damaligen Geheimfavoriten Jugoslawien erinnert - meiner ersten WM, die ich aktiv verfolgt habe. 2014 ist meine erste WM nach dem sportlichen Karriere-Ende. Fußballer sind oft abergläubisch, vielleicht ist es ja ein gutes Omen.

Für eine gute Stimmung sorgte in jedem Fall die Kanzlerin bei Ihrem kurzen Besuch in der Kabine. Und auch, wenn es kein Selfie war, ging das Foto mit ihr nur wenige Minuten später durch die Welt. Angela Merkel im Kreis von teilweise spärlich bekleideten jungen Männern. Das gibt es wohl nur beim Fußball. Und glaubt mir, es ist ein komisches Gefühl, ihr das erste Mal in der Kabine zu begegnen. Vergleichbar vielleicht am Besten noch damit, wenn Jean-Remy plötzlich im Türrahmen steht.

Donnerstag, 12. Juni 2014

Den Auftakt macht Raphael Brinkert, Geschäftsführer und Mitinhaber bei Jung von Matt/Sports. Dort betreut er Kunden wie den Deutschen Fußball Bund, den Deutschen Olympischen Sportbund und Schalke 04. Außerdem ist der 36-Jährige Vorstandsvorsitzender des Werbefußballverbands, der Anfang Juli das alljährliche Werber-Turnier "Shutterstock Agency Cup" ausrichtet. Privat ist Brinkert - wie sein Co Christoph Metzelder - Fan und Förderer seines Heimatclubs TuS Haltern am See.

Raphael Brinkert ist Mitinhaber von Jung von Matt/Sports (Bild: Agentur)
Raphael Brinkert ist Mitinhaber von Jung von Matt/Sports (Bild: Agentur)

Herr Brinkert, welche Erwartungen haben Sie an die kommende Fußball-Weltmeisterschaft?
Ehrlich gesagt sind wir froh, wenn nach vielen Wochen der Vorbereitung endlich der Ball rollt und eine der schönsten Nebensachen der Welt ab heute für vier Wochen zur Hauptsache wird. Gespannt sind wir auf die ersten Einsätze des Freistoßsprays und der Torlinientechnik. Das mit Goal Control ausgerechnet ein deutsches Start Up die Technik stellt ist, wenn man die Geschichte bemüht, vielleicht ein gutes Omen im Kampf um den vierten Stern. Ein weiterer Pluspunkt könnte der freiwillige Gesangs-Verzicht der Sportfreunde Stiller sein: Seitdem sie ihr "54,74,90,..." sangen, mussten wir uns bei der WM stets mit dritten Plätzen zufrieden geben.

Wie schätzen Sie die Chancen der deutschen Nationalmannschaft ein? Was ist möglich?
Der Mehrheit unseres Teams zufolge treffen Brasilien und Deutschland im ersten Halbfinale aufeinander, Spanien und Argentinien im darauf folgenden. Hans, der seit März bei uns an Bord ist, träumt von einer erstmaligen Halbfinal-Teilnahme eines afrikanischen Teams, nachdem er 2010 schon mit einem Bein im Halbfinale stand und mit Ghana denkbar knapp im Elfmeterschießen Uruguay unterlag. Christoph und ich sind uns wiederum sicher, dass Deutschland mindestens Platz 3 erreicht: Mit einem Spieler aus unserem Heimatverein haben wir nie schlechter bei einer WM abgeschnitten - und mit Benedikt Höwedes ist einer der Gewinner der WM-Vorbereitung ebenfalls vom TuS Haltern am See. In einem Punkt sind wir uns alle einig: Bloß keine Partie gegen Belgien. Weder in Runde 2 noch in irgendeiner anderen. Denn noch nie konnte eine europäische Mannschaft das Turnier gewinnen, wenn sie im Turnierverlauf gegen unseren Nachbarn gespielt hat.

Wer ist Ihr Favorit auf den Titel und warum?
Das Herz sagt Deutschland, der Kopf Spanien oder Brasilien. Unsere Nationalmannschaft hat trotz des Ausfalls von Marco Reus die Klasse den Titel zu holen und ist in der Breite auf einem absoluten Weltklasse-Niveau, wie nicht nur Platz 2 im Fifa-Ranking belegt. Für Spanien spricht neben der Qualität die Erfahrung Final-Spiele zu gewinnen. Für Brasilien wird entscheidend sein, wie sie mit der extremen Erwartungshaltung der heimischer Kulisse fertig werden.

Welche Möglichkeiten gibt es für Mitarbeiter von Jung von Matt/Sports die WM-Spiele zu verfolgen?
Da die Spiele ab 18 Uhr beginnen, werden wir es allen Mitarbeitern selbst überlassen, wo sie die Spiele schauen - auch unserem Social Media-Team, welches die Spiele für Kunden und unsere Bundesliga-Seite auf Facebook redaktionell begleiten wird. Fest geplant werden wir mit der gesamten Agentur nur die Viertelfinal-Begegnungen beim Shutterstock Agency Cup in Leipzig oder bei unserem einjährigen Agentur-Jubiläum am 1. Juli schauen. Meine persönliche WM-Planung wird sogar fremdbestimmt: Das "Follow your Team"-Ticket für Brasilien greift nur dann, wenn sich die Nationalmannschaft für die jeweils nächste Runde qualifiziert. Interview: Ingo Rentz



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