TBWA-Chefs im Interview

"Solche Jobs werden nie vergeben, wenn alles in Butter ist"

Kollegen in der TBWA-Gruppe: Christian Mommertz, Matthias von Bechtolsheim und Andreas Geyr (v.l.)
TBWA
Kollegen in der TBWA-Gruppe: Christian Mommertz, Matthias von Bechtolsheim und Andreas Geyr (v.l.)
Eigentlich war geplant, dass die Heimat-Chefs auch die Agentur TBWA in Deutschland wieder in Schwung bringen. Das hat nicht funktioniert. Jetzt bekommt das Network wie berichtet mit Andreas Geyr (CEO) und Christian Mommertz (CCO) wieder eine eigene Führung. Wie es dazu kam und was sich Chairman Matthias von Bechtolsheim und seine neuen Kollegen von der Konstellation erwarten, erläutern sie im Interview.
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Herr Geyr, eigentlich wollten Sie doch keine schwächelnde Agentur mehr führen. Warum gehen Sie dann zu TBWA?
Andreas Geyr:
Wie kommen Sie darauf, dass TBWA schwächelt? Die Gruppe steht extrem solide da. Viele Network-Kollegen wären dankbar für solche Zahlen. Was stimmt: Ich hatte in der Tat keine Lust, eine Agentur zu übernehmen, die nicht profitabel ist und keine Möglichkeiten bietet, etwas aufzubauen. Das ist hier zum Glück nicht der Fall. Den Ausschlag hat am Ende aber gegeben, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die ich schon lange kenne und sehr schätze.

Sie sagen extrem solide, andere extrem langweilig. Von TBWA geht jedenfalls keine große Strahlkraft aus.
Geyr:
Solche Jobs werden nie vergeben, wenn alles in Butter ist. Natürlich müssen wir die Ärmel hochkrempeln und dafür sorgen, dass TBWA wieder mehr Dynamik entfaltet. Aber wichtig ist: Wir haben es mit einer kerngesunden Struktur zu tun. Hier gibt es nichts zu sanieren. Außerdem ist die Gruppe sehr breit aufgestellt. Das ist eine gute Basis, auf der wir aufsetzen können.

Dynamik auch für TBWA zu erzeugen, hatten sich eigentlich die Heimat-Chefs auf die Fahnen geschrieben. Warum hat das nicht geklappt?
Matthias von Bechtolsheim:
Ehrlich gesagt habe ich den Aufwand unterschätzt, auch zeitlich. Ich musste lernen, dass zwei Jobs dieser Art nicht mit der Intensität und dem Anspruch, den ich selbst an mich stelle, vereinbar sind. Man kann eine Agentur wie TBWA nicht nebenbei führen. Als sich dann die Gelegenheit bot, ein Kaliber wie Andreas an Bord zu holen, habe ich schnell das Gespräch mit ihm gesucht. Wir hatten ja schon zu seinen Havas-Zeiten engen Kontakt.
TBWA Deutschland
Zur deutschen TBWA-Gruppe gehören neben der Stammmarke Agenturen wie Do it, Integer, EG+, RTS Rieger Team und Heimat. Zusammen erzielten sie 2014 einen Umsatz von 56 Millionen Euro. Davon stammen laut Jahresabschluss etwa 20 Millionen Euro von Heimat, die nicht zum Einflussbereich der neuen Chefs Andreas Geyr und Christian Mommertz gehört. Festangestellt waren 2014 insgesamt 530 Mitarbeiter. Wichtigster Kunde von TBWA Düsseldorf ist Henkel. Weitere Auftraggeber sind Car2go und Vente Privee.
Und Ihr Plan sah auch vor, einen Kreativchef für TBWA zu verpflichten – oder hat sich das erst im Gespräch ergeben?
von Bechtolsheim:
Uns war klar, dass auch die Kreation diesen Fokus braucht. TBWA steht global für ein sehr starkes kreatives Produkt. Da haben wir in Deutschland noch Luft nach oben. Das sehen wir gemeinsam mit Standort-ECD Jörg Herzog so.

Geyr: Die Jungs haben mich ganz offen gefragt, wen ich als Kreativpartner haben will. Ich habe wie aus der Pistole geschossen einen Namen gesagt und das war witzigerweise genau der, den sie auch im Sinn hatten. Christian und ich kennen uns seit Trainee-Zeiten bei Ogilvy. Wir teilen nicht nur die Leidenschaft für Jazz, sondern wollten auch beruflich gern wieder etwas zusammen machen.

Christian Mommertz: Seit ich 2010 nach Düsseldorf kam, haben wir uns immer mal wieder vage darüber unterhalten, ob und wie das klappen könnte. Jetzt gab es die Chance, und wir haben sie genutzt.

Die Chance gab es ja nicht zuletzt deshalb, weil Sie bei Geometry Global ausgeschieden sind. Warum eigentlich?
Mommertz:
Nun, die Agentur hat sich entschieden, wie in allen Ländern auch in Deutschland ohne C-Level zu agieren und setzt auf die jeweiligen Standortchefs. Ich habe danach einige Gespräche geführt, mir war aber schnell klar, dass TBWA die optimale Lösung ist.

Wie wollen Sie der Kreation der Agentur denn wieder Schwung verleihen?
Mommertz:
Ich habe ja schon die eine oder andere Transformation mitgemacht, bei Ogilvy, aber auch bei BBDO. Als ich dort anfing, hat die Agentur nichts mehr zum ADC geschickt. Vier Jahre später war BBDO Germany in Cannes die erfolgreichste deutsche Agentur seit Bestehen des Festivals – bis heute. Das ist nicht leicht und erfordert Glück, ist aber Hand- statt Hexenwerk. Ich glaube fest daran, dass ein Kreativchef die bestehenden Teams ermutigen und weiterentwickeln muss. Das hat auch etwas damit zu tun, wie man sich selbst einbringt, wie man coacht und als Spielertrainer agiert. Ein CCO muss heute vor allem ein Macher sein und Enthusiasmus für große Ideen vorleben. Dann geht das.
Interview: mam

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