Ronald Focken appelliert an CEOs, sich für eine faire Bezahlung von Agenturen einzusetzen
Dass Agenturen über schrumpfende Margen, hohen Kostendruck und die immer größere Macht der Einkäufer auf Unternehmensseite klagen, ist wahrlich nicht neu. Bislang haben sie es aber kaum geschafft, aus der Schmollecke herauszukommen. Jetzt scheinen die Werber einen anderen Weg einzuschlagen: Sie wollen deutlich machen, dass sich die Kunden mit ihrem Sparkurs letztlich ins eigene Fleisch schneiden. Ein Gespräch mit Serviceplan-Manager Ronald Focken.
Agenturen klagen seit Jahren über immer größeren Preis- und Konditionendruck. Gleichzeitig weist der GWA steigende Renditen für seine Mitgliedsfirmen aus. Wie passt das zusammen? Ich weiß nicht, wie der GWA darauf kommt. Ich kann jedenfalls nicht bestätigen, dass die Umsatzrendite gestiegen ist. Fast alle Agenturen sind weit entfernt von früheren Margen. Das liegt neben einem immer mehr kleinteiligen und projektlastigen Geschäft auch daran, dass sich der Einkauf in vielen Unternehmen verselbstständigt hat.
Dass der Einkauf mit am Tisch sitzt, ist doch wahrlich nicht neu. Aber bislang nicht als Entscheider. Es gibt Fälle, bei denen diktiert der Einkauf, mit welcher Agentur die Fachabteilung zusammenarbeiten soll. Das heißt, es bestimmen Leute die Auswahl, die das operative Geschäft nicht beurteilen können. Das hat es früher in dieser Form nicht gegeben.
Nun versucht Ihre Zunft schon länger, Einkäufern den Wert von Agenturarbeit zu vermitteln. Warum gelingt das nicht? Ganz einfach: Weil es nicht zu deren System der individuellen Zielvereinbarungen passt. Die Einkäufer kriegen umso mehr Tantiemen und Boni, je mehr sie rausholen – sprich, die Preise drücken. Uns haben Einkäufer selbst gesagt, dass sie so vorgehen müssen, weil sie sich sonst schlechter stellen und persönlich Geld verlieren.
Laut GWA rechnen seine Mitglieder mit einer Marge von 12 Prozent. Da kann man doch nicht jammern. Wie gesagt, ich weiß nicht, woher der GWA diese Zahlen nimmt. Aus meiner Erfahrung und Gesprächen mit Agenturkollegen würde ich vermuten, dass die durchschnittliche Umsatzrendite von Werbeagenturen deutlich darunter liegt. Wir erleben mittlerweile sogar Fälle, wo die Dienstleister Geld mitbringen müssen, um für die Kunden zu arbeiten.
Und schuld sind die bösen Einkäufer? Natürlich nicht allein. Die Marketingabteilung, aber auch der Vorstand, ist gefordert, sich die Hoheit bei dem Thema zurückzuholen. Denn am Ende ist die Preisdrückerei der Einkäufer nicht nur ein Problem für die Agenturen, sondern auch für die Unternehmen selbst. Sie bekommen nicht mehr die besten Dienstleister in die Pitches beziehungsweise nicht mehr die Qualität, die sie erwarten – vor allem nicht für die immer komplexeren Aufgabenstellungen.
Wer kontrolliert eigentlich die Einkäufer?
Ronald Focken, Serviceplan
Sie werden die Einkaufsabteilungen kaum zurückdrängen können. Das wollen wir auch nicht. Aber es geht darum, ihren Einfluss in sinnvolle Bahnen zu lenken. Es kann nicht sein, dass der Einkauf Strukturen und Konditionen so stark beeinflusst, dass keine sinnvolle Zusammenarbeit mehr möglich ist. Lassen Sie es mich so sagen: In Bezug auf die Preise wird die Marketingabteilung über den Einkauf kontrolliert. Aber wer kontrolliert eigentlich die Einkäufer über die Qualität dessen, was sie einkaufen?
Im Idealfall die Fachabteilung. Vielleicht in der Theorie. In der Praxis fehlt den meisten Marketingchefs leider die Stärke, sich gegen die Kollegen aus dem Einkauf durchzusetzen. Deswegen glaube ich, dass die CEOs gefordert sind.
Jetzt mal Hand aufs Herz: Eine Agentur wie Serviceplan mit einer großen Media- und Onlinesparte erzielt doch Renditen, von denen viele Kunden nur träumen können. Ich bestreite nicht, dass wir im Media- und Performance-Bereich profitabler sind als im klassischen Werbegeschäft. Das ändert aber nichts daran, dass für die Entwicklung von Konzepten und Ideen kaum Geld bezahlt wird. Stattdessen richtet sich alles nach möglichst niedrigen Stundensätzen. Wir haben aus diesem Grund dieses Jahr bereits zwei große Pitches bei attraktiven Marken abgesagt.
Trotzdem wird gerade großen Agenturen – auch Ihrer – nachgesagt, bei den Stundensätzen schon mal ein Auge zuzudrücken, wenn ein großer Etat winkt. Unsere Kalkulationen unterscheiden sich nicht wesentlich von denen vergleichbarer Agenturen. Es ist allerdings ein erheblicher Unterschied, ob wir über die projektweise Beauftragung von Stunden reden oder über langfristige Verträge auf Mannjahresbasis.
Wie viel braucht man denn pro Stunde, um nicht draufzuzahlen? Das lässt sich schwer pauschal beantworten. Es kommt auf den Agenturtyp, die Kommunikationsdisziplin und die internen Kostenstrukturen an. Aber von der Tendenz her muss der Stundensatz bei Projektgeschäft deutlich über 100 Euro liegen, damit sich die Arbeit rechnet.
Interview: Mehrdad Amirkhizi Das vollständige Gespräch lesen Sie in HORIZONT-Ausgabe 47/2015 vom 19. November, die auch auf dem
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