Frauen seien generell miserabel im Networking. Sie weiß, dass es auch für sie noch mehr Gelegenheiten gäbe, sich diesbezüglich zu engagieren, aber dafür fehlt im Alltag schlichtweg die Zeit. Dennoch hat sie in der Vergangenheit bereits einiges auf die Beine gestellt: Beim Art Directors Club für Deutschland (ADC) initiierte sie vor mehr als zehn Jahren die Fraueninitiative LADyC, die inzwischen ein wenig ruht, wie Spengler-Ahrens zugibt. Dennoch ist sie immer noch ein gern gesehener Panel-Gast, wenn es um Gender-Themen geht. Noch länger liegt die Gründung ihrer auf Kommunikation rund um Frauenthemen spezialisierten Agentur Maria zurück. Bereits 1999 setzte sie damit ein Zeichen in der Branche. Allerdings war ihr dieses Modell, angesiedelt unter dem Dach von JvM, auf Dauer zu monothematisch.
Wer ihre Vita anschaut, merkt schnell, dass Spengler-Ahrens zwar einerseits treue Seele ist, andererseits braucht sie regelmäßig neue Impulse. Vor ihrem heutigen Job hatte sie sieben verschiedene Geschäftsführungspositionen im JvM-Universum inne: Los ging es mit mit besagter Maria, 2000 folgte die Co-Gründung der Berliner Niederlassung JvM/Spree, anschließend stand sie an der Spitze von JvM/Pulse, JvM/9, JvM/Fleet, JvM/Elbe und JvM/Basis. „Ich denke, diese wechselndenAufgaben sind die einzige Art, so lange in einem Unternehmen bleiben zu können, und ich liebe Herausforderungen“, beschreibt sie ihren ungewöhnlichen Lebenslauf.
Seit einem Jahr ist es nun also Saga. Allein dieser Name zeigt, dass Spengler-Ahrens eine besondere Bedeutung für die Agenturgruppe hat, schließlich sind ihre Initialen darin verewigt. Diese Ehre wurde bisher noch niemanden von JvM zuteil. Das „G“ steht für ihren Geschäftsführerkollegen Stephan Giest – ihren „Wunschpartner und Criminal Mind“, wie Spengler-Ahrens ihn bezeichnet. Sie sei durchaus stolz darauf, dass ihrer beider Name an der Tür steht. Das einzige, was jetzt noch fehlen würde, wäre ein Sitz im Vorstand von Deutschlands populärster Agentur. Dort werden nächstes Jahr bekanntlich zwei Plätze frei: Thomas Strerath und Larissa Pohl steigen aus. Allerdings hatten die beiden kein Kreationsmandat inne. Diese Funktion üben Götz Ulmer und der 65-jährige Co-Agenturgründer Jean-Remy von Matt aus. Spengler-Ahrens macht keinen Hehl daraus, dass sie sich vorstellen könnte, ebenfalls zur obersten Führungsriege dazuzugehören: „Es ist, denke ich, ganz natürlich, dass es jemanden wie mich reizt, eine Vorstandstätigkeit oder CCO-Position einzunehmen. Einfach um dem Können, der Leistung und Erfahrung noch mal einen neuen Wirkungsgrad zu geben.“
Verdient hätte sie es sich. Schließlich kämpft Spengler-Ahrens seit mehr als 20 Jahren an vorderster Front für herausragende Ideen und die kreative Reputation ihrer Agentur. Unzählige Kreativpreise gehen auf ihr Konto – zuletzt beispielsweise für die diversen musikalischen Viralhits im Auftrag der Berliner Verkehrsbetriebe, die schrägen Otto-Spots mit Schlagersänger Ricardo und die Kampagne für den Erotikversand Eis.de. Von den älteren Kampagnen ist nicht zuletzt der berühmte Zalando-Schrei unvergessen, der unter ihrer kreativen Führung entstanden ist. Bei ihrem immensen Output und der großen kreativen Bandbreite fällt es schwer, eine einzige Kampagne herauszugreifen, mit der man sie eindeutig assoziieren könnte. Sie selbst sagt: „Man liebt immer die Arbeit, die man im Moment macht.“ Trotzdem gibt es einen Favoriten, an den sie gerne zurückdenkt: 2010 entwickelte ihre Mannschaft unter dem Motto „Save as WWF“ ein Dateiformat, das sich nicht ausdrucken lässt. Zwei Jahre lang habe sie für diese Arbeit gekämpft. Der Lohn für diese Mühe war unter anderem der Grand Prix beim ADC-Wettbewerb 2011.
Im Laufe der Jahre hat sie von ihren männlichen Kollegen einiges gelernt, an dem sich auch andere Frauen ein Beispiel nehmen sollten: „Ungetrübtes Selbstbewusstsein, tough und charmant zugleich sein. Und ganz besonders: Fehler machen und danach einfach vergessen. Wir Frauen hadern damit ein Leben lang.“ Frauen seien hingegen empathischer, was im Job auch einige Vorteile bringen kann. „Wer mitfühlt, kann nur gewinnen“, sagt Spengler-Ahrens. Menschenkenner seien die besseren Kreativen, die besseren Arbeitgeber und nicht zuletzt die besseren Menschen. Ihre weibliche Seite hat sie auf dem Weg nach oben nie versteckt. Sie gibt sich gerne als Mutter der Agentur und ist auch privat Vollblutmutter und Ehefrau. Sie und ihr Mann Tobias Ahrens, Group Creative Director von Grabarz & Partner, bilden das Powerpaar der deutschen Kreativszene. Zu diesem Dreamteam gehören außerdem noch Sohn Bela und Hund Tyson. Wo sich andere Frauen aufreiben, um Job und Privatleben gleichermaßen gerecht zu werden, genießt Spengler-Ahrens diesen Spagat: „Ich finde es an einer Frau reizvoll, die typisch weiblichen Widersprüche ausleben zu können: Sehr emanzipiert zu sein, aber toll kochen zu können, vorsichtige Mutter, aber auch wildes Weib zu sein. Vernünftig, aber auch verrückt, furchtlos Vorstandspräsentationen zu halten, aber sich beim Horrorfilm unter dem Kissen verstecken und so weiter und so weiter.“
Es sind eben diese vielen unterschiedlichen Facetten, die ihre Persönlichkeit ausmachen. Mal anspruchsvolle Agenturchefin, mal kreative Irre, mal leidenschaftliche Mama, mal zielstrebige Business-Frau – aber bei allem immer mit klaren Zielen vor Augen. Diesen Rat gibt sie auch jungen Kreativen mit auf den Weg. Ihr Appell an weibliche Kreative mit Ambitionen: „Überlege dir, was du willst. Definiere dein Ziel präzise, so groß es dir jetzt auch vorkommt, und lasse nicht locker, bis du es erreicht hast. Setze auf deinem Weg dahin auf Menschen, die das ebenso in dir sehen und dich deshalb dabei unterstützen können: Vorgesetzte, Mentoren et cetera. Sei nie zu schüchtern, klare Forderungen zu stellen. Sei mutig, hartnäckig, zielstrebig!“Bärbel Unckrich