Mit dem Gewinn von Volkswagen sorgte PHD 2016 für große Schlagzeilen - doch seitdem ist es ziemlich ruhig geworden um die zur Omnicom Media Group gehörenden Mediaagentur. Im Interview mit HORIZONT Online blickt die dreiköpfige Geschäftsführung auf die vergangenen zehn Monate zurück und verkündet ehrgeizige Pläne: „ Wir haben uns für 2018 ein gut zweistelliges Wachstum vorgenommen. Wir wissen jetzt, dass wir auch richtig große Kunden können und gehen mit entsprechendem Selbstbewusstsein in Pitches.“
Auch zu kontroversen Branchenthemen nehmen CEO Holger Thalheimer und seine beiden Mit-Geschäftsführer Sabine Knöpfel-Ruth und Tobias Schichtel Stellung. Drei ihrer zentralen Thesen lauten:
Erstens: Der Glaube, man könne Google und Facebook auf deutsche Media-Standards verpflichten, ist naiv. Schichtel: „Oft ist es sinnvoller, bilaterale Vereinbarungen mit Kunden zu treffen und als Agentur eigene Standards zu schaffen.“
Zweitens: Programmatic muss noch viel stärker in die klassische Mediaplanung integriert werden. Knöpfel-Ruth: „Wenn wir wirklich konsumentenzentrisch denken, darf Programmatic kein losgelöster Teilbereich ein. Der Endkunde unterscheidet ja auch nicht, ob er programmatisch oder klassisch angesprochen wird.“
Drittens: Die Mediaagenturen müssen Consultingfirmen viel stärker Paroli bieten. Thalheimer: „Tatsache ist doch, dass sich die klassischen Beratungsfirmen mühsam Expertise zusammenkaufen, über die wir längst verfügen. Wir haben allen Grund, uns viel selbstbewusster als bisher im Markt zu positionieren!“
VW war der größte Mediaagentur-Wechsel, den es in Deutschland je gab - so etwas stemmen Sie nicht mal eben nebenbei.
Sabine Knöpfel-Ruth
Die PHD-Chefs über die ersten zehn Monate mit dem Großkunden Volkswagen
Sabine Knöpfel-Ruth: "Die vergangenen zehn Monate waren sicherlich sehr anstrengend, haben uns als Agentur aber auch auf eine neue Ebene gehoben. VW war der größte Mediaagentur-Wechsel, den es in Deutschland je gab - so etwas stemmen Sie nicht mal eben nebenbei. Wir haben rund 100 neue Mitarbeiter eingestellt, das ist vor allem eine kulturelle Herausforderung. Unterm Strich können wir aber wirklich sehr stolz sein, wie gut wir alles hinbekommen haben, ohne unsere anderen Kunden zu vernachlässigen."
Holger Thalheimer: "Wo wir sicherlich nicht immer die richtige Balance hinbekommen haben ist das, was uns eigentlich ausmacht: innovative, strategische Lösungen, das Besondere, also das, was uns von anderen Mediaagenturen abhebt. Viele Themen in den Anfangsmonaten waren operativ und strukturell. Jetzt sind wir an einem Punkt, wo vor allem wir drei Geschäftsführer den Kopf frei haben, diese Balance wieder besser herzustellen. Die Kunden erwarten von uns Inspiration und Innovationskraft. Dafür steht PHD."
Über die Wachstumspläne der Agentur
Tobias Schichtel: "Wir haben uns für 2018 ein gut zweistelliges Wachstum vorgenommen, was bei der Größenordnung, die wir nach dem VW-Gewinn erreicht haben, auch in absoluten Zahlen ein signifikanter Wert ist. Wir wissen jetzt, dass wir auch richtig große Kunden können und gehen mit entsprechendem Selbstbewusstsein in Pitches. Wir mögen die VW-Marken sehr, es macht riesigen Spaß, für sie zu arbeiten - aber wir wollen jetzt auch nicht als reine Auto-Agentur gelten. Das Ziel ist, uns in den nächsten Jahren neben VW weitere starke Standbeine zu erarbeiten."
Zum Thema Transparenz
Holger Thalheimer: "Ich glaube, dass es einige der aktuellen Pitches auch deshalb gibt, weil die Kunden die Transparenz-Frage neu stellen. Die Kunden merken schon sehr genau, wer wirklich glaubwürdig ist und wer nicht. Wir wollen diese Karte künftig noch offensiver spielen - eben weil wir das Thema wirklich ernst nehmen und Transparenz zunehmend an Bedeutung gewinnt. Ich halte das für eine sehr gute Entwicklung, auch wenn der Abstimmungsbedarf im Tagesgeschäft dann bisweilen schon sehr aufwendig ist."
Zu glauben, man könne in einem so globalisierten Markt wie Digitalwerbung in Deutschland eigene Visibilitäts- und andere Standards ausrufen, halte ich schon für etwas naiv.
Tobias Schichtel
Zur Forderung an Google und Facebook, sich stärker für einheitliche Standards im deutschen Markt zu engagieren
Tobias Schichtel: "Standards sind super, Sie werden kaum jemanden finden, der Ihnen da widerspricht. Nur: Ganz so einfach ist das eben nicht. Zu glauben, man könne in einem so globalisierten Markt wie Digitalwerbung in Deutschland eigene Visibilitäts- und andere Standards ausrufen, halte ich schon für etwas naiv. Oft ist es sinnvoller, bilaterale Vereinbarungen mit Kunden zu treffen und als Agentur eigene Standards zu schaffen."
Zum aktuellen Stand in Sachen Programmatic Advertising
Tobias Schichtel: "Programmatic wird mittelfristig ins Zentrum des digitalen Marketings rücken. Das wird auch dazu führen, dass die Advertiser eine stärkere Kontrolle haben, was absolut zu begrüßen ist. Aber die Sache ist nicht trivial. Programmatic ist sehr komplex, sowohl was die Technologie als auch die Prozesse betrifft. Es läuft noch längst nicht alles optimal. Von Kunden bekommen wir immer wieder zu hören: 'Ich habe viel Geld in Technologie und Daten investiert - jetzt zeig mir mal, welchen Mehrwert das wirklich bringt.' Klar ist: Auch wenn Programmatic unbestreitbar große Vorteile bietet, kann es alleine keine umfassende Antwort für alle Aufgabenstellungen liefern."
Zu Problemen mit Programmatic
Knöpfel-Ruth: "Die Kunden stellen fest, wie aufwendig und ineffizient es sein kann, für Klassik, Programmatic, Search und Social unterschiedliche Agenturen zu haben und sie zu koordinieren. Wenn wir wirklich konsumentenzentrisch denken, darf Programmatic kein losgelöster Teilbereich ein - sondern integraler Bestandteil des Einkaufs insgesamt. Der Endkunde unterscheidet ja auch nicht, ob er programmatisch oder klassisch angesprochen wird."
Thalheimer: "Ich glaube, dass die Kunden zunehmend erkennen, dass eine Trennung der Bereiche klassischer Mediaeinkauf, Programmatic, Search und Social zu viel Abstimmungsbedarf und Komplexität führt. Wenn man die Idee von integrierter Kommunikation ernst nimmt, kann man für Programmatic kein eigenes Silo aufmachen. Und das Gleiche gilt am Ende auch für Search und Social."
Zu Künstlicher Intelligenz in der Mediaplanung
Knöpfel-Ruth: "Künstliche Intelligenz kann uns sicher helfen, Dinge zu verbessern und zu automatisieren. Was ich aber überhaupt nicht glaube, ist, dass uns eine Maschine Lösungen liefern kann, die sich eins zu eins in die Realität umsetzen lassen. Deshalb ist mir auch um die Zukunft der Mediaagenturen nicht bange. Wir verfügen über so viel Expertise und Urteilsvermögen - das lässt sich nicht einfach durch eine automatisierte Mediaplanung ersetzen."
Zum möglichen Siegeszug von Unternehmensberatern und und IT-Firmen im Media-Business
Thalheimer: "Ich empfinde es als Kompliment, wenn sich Accenture und Co jetzt so für unseren Markt interessieren - das zeigt doch nur, wie vital und attraktiv er ist. Die richtige Antwort auf die aktuellen Entwicklungen hat unser CEO Florian Adamski längst gegeben: Wir müssen uns selbst noch sehr viel stärker als bisher als Berater für unsere Kunden positionieren - tun wir das nicht, würden wir tatsächlich Probleme bekommen. Tatsache ist doch, dass sich die klassischen Beratungsfirmen mühsam Expertise zusammenkaufen, über die wir längst verfügen. Wir haben allen Grund, uns viel selbstbewusster als bisher im Markt zu positionieren!
js