Interone-CEO Frank Wolfram

"Digitale Kreation braucht Technologie"

Steht seit Februar an der Spitze von Interone: Frank Wolfram
Interone
Steht seit Februar an der Spitze von Interone: Frank Wolfram
Der Vergangenheit von Interone weicht der seit Februar amtierende CEO Frank Wolfram nicht aus. Sein Blick geht aber nach vorn. Wolfram ist überzeugt, die Agentur rasch zu neuer Stärke führen zu können: Das Fundament sei ausgesprochen stark, sagt er im Interview mit HORIZONT.
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Interone ist eine Digitalagentur der ersten Stunde, die schon bessere Zeiten erlebt hat. Sehen Sie Ihre Rolle als Architekt, Feuerwehrmann oder Verwalter? Letzteres überhaupt nicht. Dafür bin ich nicht gebaut. Die Agentur steht auf einem sehr stabilen Fundament, insofern setzte ich als Architekt darauf auf. Aber eigentlich sehe ich mich als Kapitän. Nach meinem Start im Februar haben wir gemeinsam überlegt und dann festgelegt, wo wir hin wollen, wo weitere Wachstumschancen liegen. Um im Bild zu bleiben: Jetzt befinden wir uns voll auf Kurs, bei steigender Knotenzahl. 

Sie mussten nicht Feuerwehrmann spielen und Brände löschen? Das verwundert: Schließlich hat die Agentur im Herbst vergangenen Jahres einen wichtigen BMW-Etat verlorenBMW hat, nach vielen Jahren, den Digitaletat neu vergeben. Das gehört zum Geschäft, das haben wir sportlich genommen. Seitdem konnten wir beispielsweise das globale Mandat für die Mobilitätsdienstleistungen der BMW Group gewinnen. Und dafür brauchen wir zum Teil Mitarbeiter mit anderen Qualifikationen, weshalb wir weiter einstellen. Aber unter dem Strich haben uns knapp 30 Leute verlassen. Mitarbeiter nutzen einen Etatwechsel eben auch, um sich neu zu orientieren. 

Mit dem tradierten Kampagnendenken, alle drei Monate eine Kampagne zu launchen, dann wieder off zu gehen, fällt man in den Timelines der wenigen Mega-Apps nicht mehr auf.
Frank Wolfram
Interone galt lange Zeit als die digitale BMW-Agentur. Ist die Abhängigkeit von einem oder wenigen großen Kunden für Agenturen ein immer größeres Vabanque-Spiel? Für einen so renommierten Kunden wie BMW auf unterschiedlichsten Etats zu arbeiten, ist eine tolle und herausfordernde Aufgabe. Grundsätzlich ist es aber auf großen Etats wichtig, dass die Routine, dass die gleichen Bewegungsabläufe nicht zu sehr dominieren. Den Etatwechsel haben wir deshalb genutzt, um zu hinterfragen, wie man als moderne Digitalagentur aufgestellt sein muss. 

Wie muss man denn aufgestellt sein? Nahezu alle Auftraggeber verfolgen die Agenda Digitale Transformation. In Pitches dominiert der Bedarf an Digital-First-Lösungen und Always-On-Ansätzen sowie die Anforderung, digitale Produkte und Services abseits von klassischen Kampagnen zu entwickeln. Interone deckt diese komplette digitale Wertschöpfung ab. 

Dann müssen Sie auf ziemlich vielen Hochzeiten gleichzeitig tanzen können. Allerdings. Strategie, Plattformen, Apps, UX, Content, Social Media sowie Measurement und Analytics – die Kunden erwarten all diese Services zunehmend von ihrer Agentur. Und genau das bieten wir auch an, je nach Mandat mit wechselnden Schwerpunkten. Besonders gefragt sind derzeit digitale Strategieberatung, Data Consulting sowie die Entwicklung der Kreation weg von einer Kampagnen-Denke hin zu einer Always-On-Strategie. 

Achtung, neues Buzzword: Always-On-Strategie. Die Menschen sind über ihre Smartphones eigentlich immer online. Sie wollen Input nicht in periodischen Abständen serviert bekommen, sondern permanent auf interessante Inhalte zugreifen können. Mit dem tradierten Kampagnendenken, alle drei Monate eine Kampagne zu launchen, dann wieder off zu gehen, fällt man in den Timelines der wenigen Mega-Apps nicht mehr auf. Kommunikation muss daher Always-On sein. Also kein neues Buzzword, sondern Notwendigkeit. 

Der USP von Interone war lange Zeit die Kombination von großem technologischen Know-how mit ansprechender Kreation. Diese Kombination können mittlerweile auch andere Agenturen vorweisen. Wir sind mittlerweile einen Schritt weiter. Der Markt verlangt heute ein umfassenderes Angebot – nämlich die komplette digitale Wertschöpfung, und die aus einer Hand. Wer sich nur auf wenige Services spezialisiert, dürfte Probleme bekommen. 

Nicht nur das Internet selbst, auch die Dienstleisterseite fragmentiert sich immer häufiger. Wer sind die stärksten Mitbewerber? Neben den Internet-Spezialisten versuchen sich zunehmend ehemals klassische Werbeagenturen, Unternehmensberater sowie klassische IT-Anbieter in diesem Geschäft. 

Macht Ihnen das Sorgen? Nein, im Gegenteil. Digital ohne Technologiekompetenz kann dauerhaft nicht funktionieren. Agenturen, die gerade dabei sind, digitale Spezialisten zu akquirieren, ohne jedoch ein breites technologisches Fundament vorweisen zu können, werden im Digitalmarkt bestenfalls eine untergeordnete Rolle spielen.

Dieser These folgend, müsste die Stunde der IT-Konzerne wie Adobe, IBM, SAP oder Unternehmensberater wie Accenture schlagen. Die Betonung liegt auf dem Konjunktiv, auch wenn uns tatsächlich zunehmend derartige Anbieter in Pitches begegnen. Agenturen wie Interone kommen traditionell über die Marketingverantwortlichen in Pitches, Unternehmensberater oft über den CEO. Spannend wird, ob die CDOs, die jetzt bei vielen Unternehmen installiert werden, sich bei künftigen Ausschreibungen für eine Digitalagentur, einen Tech-Anbieter oder eine Unternehmensberatung entscheiden. Für uns spricht jedenfalls die Tatsache, dass wir neben der Technologie ein sehr ausgeprägtes Verständnis von Marken und Menschen haben. Hier setzt unser digitales Komplettangebot an.

Dennoch: Wird Technologie wichtiger als Kreation? Digitale Kreation braucht Technologie. Und Softwareentwicklung ist ein kreativer Prozess. Wir brauchen beides, wenn wir digitale Erlebnisse schaffen, die Menschen begeistern. Deshalb ist User Experience Design so wichtig geworden. Und deshalb haben wir CDs, die sich ausschließlich um UX kümmern. Wir nutzen agile Arbeitsmethoden und leben eine Kultur, wo cross-funktionale Teams nicht tayloristisch nebeneinander arbeiten, sondern kollaborativ etwas gemeinsam entwickeln. 

Sie haben lange internationale Erfahrung. Hilft das beim Führen einer deutschen Agenturgruppe? Ja. Weil Interone für global tätige Kunden arbeitet und internationale Projekte realisiert. Und weil ich im Ausland die Haltung verinnerlicht habe: Don’t ask if, ask how. 

Was würden Sie dem deutschen BBDO-Gruppenchef Frank Lotze antworten, wenn er in zwei Sätzen wissen wollte, was Stand der Dinge bei Interone ist? Wir sind mit unserer kompletten digitalen Wertschöpfung gut aufgestellt. Und wir sind auf Wachstumskurs. vs
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