Hertha Wolff-Arend (Foto: privat)
"Ach Mensch" heißt die Kolumne von HORIZONT.NET, in der die ehemalige HORIZONT-Kollegin Ingeborg Trampe bekannte und unbekannte Persönlichkeiten der Werbeszene jenseits von aktuellen Etat- und Personalmeldungen porträtiert. Diesmal: Hertha Wolff-Arend, Ex-Geschäftsführerin in großen Agenturen, die jetzt als Coach in Kalifornien lebt.
Man fühlt sich schon ein wenig an "Dallas" erinnert - zumindest wenn man ein Städter ist. Die Auffahrt zur Ranch, wo Hertha Wolff-Arend mit Mann und Sohn lebt, ist zwar nicht ganz so lang wie in der berühmten TV-Serie, aber deswegen kein bisschen weniger imposant. 10 Acres umgeben die Ranch in Paso Robles mitten in Kalifornien. Auf einer Koppel trotten sechs Pferde friedlich vor sich hin. Mitten im Winter strahlt ein knallblauer Himmel bei 20 Grad. Irgendwie schon paradiesisch. Hertha Wolff-Arend lacht, wenn sie das hört. Denn so paradiesisch kam ihr das Örtchen, das 20 km von der nächsten Stadt und zwei Stunden Autofahrt von Santa Barbara oder dem Silicon Valley entfernt liegt, bei ihrer Ankunft vor fast zehn Jahren nicht vor.
Die Ranch von Hertha Wolff-Arend
Mit 10 Koffern, einem kleinen Baby, Hund und ihrem Mann, der aus San Francisco stammt, begegnete sie ihre neuen Heimat Ende 2004 zunächst mit einer gehörigen Portion Skepsis. Wolff-Arend, 55, hatte jahrelang "glücklich im Taunus" gelebt und als erfolgreiche Geschäftsführerin in großen Agenturen wie Young & Rubicam und Bates gearbeitet. "Ich fühlte mich erstmal wie im falschen Film", erzählt sie. Das hatte auch damit zu tun, dass sie sich auf einen völlig neuen Lebensrhythmus einstellen musste. Denn in Paso Robles "geht alles ein bisschen langsamer. Wenn man aus Frankfurt kommt, wird man an der Supermarktkasse schnell unruhig." Inzwischen ist die Ex-Werbemanagerin, die früher große Kunden wie Danone, Kraft Foods und Lufthansa betreute, die Ruhe selbst. Eine der wichtigsten Erkenntnisse der letzten zehn Jahre ist es, "nicht gegen den Strom des Lebens schwimmen zu können." Das klingt für zynisch gewordene Großstadtbewohner verdammt nach Zen. Doch wenn man jeden Tag wie die gebürtige Düsseldorferin Dressur reitet, aus dem Arbeitszimmer auf malerische Gebirgsketten schaut und die Pferde vor dem Haus grasen sieht, kann man sich schon vorstellen, wie sich das Bewusstsein um 180 Grad dreht.
Das Ende in der Werbung ermöglichte den Neuanfang
Ihre Zeit in der Werbung empfindet sie noch heute als toll, auch wenn das Ende schmerzhaft war. Mit über 40 war sie überraschend schwanger geworden, für ihren damaligen Arbeitgeber Anlass, ihren Geschäftsführervertrag nicht zu verlängern. Eine Mutter mit Kleinkind in einer Spitzenposition? Das war damals undenkbar. Natürlich war sie wütend, heute ist sie aber versöhnt mit der Vergangenheit: "Weil ich meinen Job verloren habe, als ich schwanger war, haben sich letztlich andere Möglichkeiten ergeben." Ihr Mann arbeitete zu jener Zeit in einer internationalen Anwaltskanzlei und hatte schon längst den Gedanken im Kopf, zurück in seine Heimat zu gehen. Die harte Landung seiner Frau in der Werbe-Realität brachte den Stein ins Rollen. Er war es auch, der Pferde aus Deutschland nach Kalifornien holte, um Hertha Wolff-Arend beim Eingewöhnen in die neue Heimat zu helfen. So knüpfte sie die ersten Kontakte über die Reiterei. Noch heute sitzt sie leidenschaftlich gerne auf dem Pferd und reitet Dressur, während ihr Mann Chris sich mit seinem Pferd gerne durchs bergige Hinterland bewegt.
Hertha Wolff-Arend mit einem ihrer Pferde
Nach den ersten Monaten in Sunny California war aber auch klar, dass sie wieder arbeiten wollte. Eine Freundin brachte sie auf die Idee, eine Coaching-Ausbildung zu machen. "Ich habe viel in der Corporate World gelernt und kann heute die Kraft dieser ganzen Erfahrungen nutzen. Ich war schon immer gute darin, Facilitator zu sein, Weichen zu stellen. Heute helfe ich anderen Menschen dabei, ihre Weichen zu justieren." Dabei coacht sie sowohl in mittelständischen Betrieben der Umgebung als auch in Einzel-Sitzungen. Darüber hinaus gibt sie Workshops, hält Reden und arbeitet als Crisis Counselor für diverse Frauenorganisationen. Frauen bei ihrem Weg zu unterstützen, "ihre Authentizität zu leben", ist Hertha Wolff-Arend dabei eine Herzensangelegenheit. Sie hat sogar ein Buch darüber geschrieben: "Be a woman and act like one". Gerade in ihrer Werber-Zeit hat sie häufig erlebt, dass sich "Frauen oft nicht annehmen, das Gefühl haben, nicht genug zu sein und nicht 'Nein' sagen können." Als Coach möchte Wolff erreichen, dass Frauen wirklich so leben, wie sie wollen. Dass sie auch ihren Hang ausleben können, sich um andere zu kümmern, aber ohne sich dabei zu verlieren. Für sich selbst hat Wolff in den letzten Jahren ebenfalls viel Selbsterkenntnis durch ihr neues Leben gewonnen zum Beispiel, dass "Energie nicht heißt, immer wild durch die Gegend zu rennen."
Heute ist Hertha Wolff-Arend glücklich mit sich und ihrem Leben in Kalifornien. Die ruhige, aber entschlossene Ausstrahlung ist gelebt, nicht gespielt. Auch wenn sie durchaus einige Jahre hinter sich hat, die kein Zuckerschlecken waren. Doch sie hat sich entschieden, nach dem Motto "Life is good" zu leben, das Glück beginnt im Kopf. Diese innere Zufriedenheit bedeutet für sie jedoch nicht, die Hände in den Schoß zu legen. So beginnt sie in diesen Tagen eine weitere Ausbildung, um ihre geliebten Pferde mit ins Coaching zu integrieren. "Pferde spiegeln unser Inneres wider. Sie reagieren unmittelbar darauf, ob jemand authentisch ist oder nicht und ob jemand Leadership-Qualitäten besitzt oder sie nur spielt." Damit kann sie künftig Managern einen anderen Blick auf Führung ermöglichen, abseits der noch immer üblichen Ego-Trips in Chef-Etagen. Darüber hinaus coacht sie eine politische Kandidatin und möchte noch stärker im Bereich Personal Branding arbeiten. Dabei würde sich ihre alte mit der neuen Berufswelt perfekt vereinen. Es gibt also noch viele Pläne für Hertha Wolff-Arends Leben. Hauptsache sie kann Menschen unterstützen, ihren eigenen Weg zu gehen. Wo immer er auch hinführt.
Die Autorin
Ingeborg Trampe ist noch immer Journalistin im Herzen, auch wenn sie nach Stationen bei HORIZONT, Y&R, Neue Sentimental Film und BBDO heute überwiegend als PR-Beraterin für mittelständische Unternehmen in Hamburg arbeitet. Zum Leidwesen mancher Mitmenschen mag sie französische Dialogfilme, singt Jazz und Chansons und schwimmt viel und intensiv, um den Kopf freizukriegen. Ihr Lieblingslogo ist das vom Kaffee Wacker in Frankfurt, wo es den besten Espresso in Deutschland gibt.
www.trampe-communication.de