Wochenlang wurde über den neuen Auftritt der FDP spekuliert. Vor wenigen Stunden nun präsentierte FDP-Chef Lindner das von Heimat entworfene neue Logo der Freien Demokraten. Claudia Fischer-Appelt, Gründerin der Designschmiede Karl Anders, hat das Emblem für HORIZONT Online unter die Lupe genommen.
Wow, die FDP verpasst sich einen neuen Look. In einer Branche, die sich seit Jahrzehnten gestalterisch kaum bewegt. Und in der alles gleich aussieht. Hut ab liebe freie Demokraten, so viel Mut gefällt mir. Natürlich ist dieser Schritt der Tatsache geschuldet, dass es kaum noch weiter bergab gehen kann. Aber dennoch, diese Chance muss man erstmal ergreifen.
Freie Demokraten in Magenta
So sieht das neue FDP-Logo aus
Die Gerüchteküche hatte mal wieder Recht. Bei ihrem neuen Logo setzt die FDP tatsächlich auf Magenta - eine Farbe, die hierzulande mit der Deutschen Telekom in Verbindung gebracht wird. FDP-Chef Lindner will mit dem Auftritt die Tradition der Partei betonen. ...
Mir gefällt der neue Claim sehr gut, denn er steht für etwas, was in den Wurzeln der Marke fest verankert ist. Es ist also nicht nur glaubwürdig, sondern auch mutig und sorgt für Aufmerksamkeit. Das war sicher keine leichte Entscheidung. Und wäre für eine Partei mit mehr „Marktanteilen“ wohl auch undenkbar gewesen. Zu groß muss die Angst vor Veränderung in dieser Branche sein...
Das neue Logo der FDP wurde in Stuttgart auf dem Dreikönigstreffen enthüllt
Die Ausgestaltung macht sichtbar, was auch in der offiziellen Pressemitteilung zu lesen ist: aus Fehlern lernen, neue Positionierung und Identität deutlich machen. Das neue Logo drückt eindeutig den ausgesprochenen Gestaltungswillen der Partei aus und den Wunsch nach Gestaltung der Zukunft. Hier also mal konsequenterweise schon in der Logoüberarbeitung ausgedrückt.
Aber wie könnte es auch anders sein in der Politik, es gibt natürlich einen Sicherheitsanker: das Parteikürzel ist im neuen Logo integriert. Da fehlte es dann doch an der allerletzten Konsequenz. Ist aber verständlich. Gestalterisch verliert das Logo dadurch natürlich an Plakativität. Und wirkt dadurch eher wie ein Magazin-Titel.
Typografisch bewegen wir uns in den 90iger Jahren. Hier vermisse ich etwas Feingefühl.
Claudia Fischer-Appelt
Die Farbe Magenta lässt das Logo jetzt insgesamt etwas flotter wirken und die Farbkombination ist sympathisch und weniger streng als bisher. Es lässt auf mehr Offenheit schließen und weniger Angepasstheit und Dogmatismus. Es macht Hoffnung auf das, was da noch kommen mag.
Interessant ist jetzt aber auch, wie in Zukunft über das Logo hinaus mit den Farben umgegangen wird. In Hamburg war das Plakat ja mit mehreren Rottönen plötzlich sehr bunt, also ein bisschen zu viel Karneval. Es wurde zwar viel über den Auftritt diskutiert, aber es scheint sich nicht wirklich positiv auszuwirken auf die Wähler.
Und ewig unzufrieden bleibt die Gestalterin in der ganz feinen Betrachtung, denn Innovation geht anders. Typografisch bewegen wir uns in den 90iger Jahren. Hier vermisse ich etwas Feingefühl und irgendwie ist die Schrift auch schlecht bis gar nicht ausgeglichen und zu weit gesperrt. So wirkt das Logo in der Feinbetrachtung dann doch etwas grob und sperrig.
Die Autorin
Claudia Fischer-Appelt ist ständiges Mitglied der Jury beim Corporate Design Preis und hat 2013 beim Eurobest Festival und 2014 bei den Cannes Lions die deutschen Farben in den internationalen Design-Jurys vertreten. Darüber hinaus ist sie Mitglied im Beirat von DesignXport Hamburg und Mitglied im Hochschulrat der Muthesius Kunsthochschule. Sie hat über 15 Jahre als Chief Creative Officer die gesamte Kreation der Agenturgruppe fischerAppelt verantwortet, bevor sie 2011 in Hamburg mit Lars Kreyenhagen das Kreativkollektiv "Karl Anders - Büro für Visual Stories“ gegründet. Karl Anders arbeitet aktuell für Kunden wie Hansestadt Buxtehude, Hamburgische Staatsoper, OKE Group, thom/krom, Vitra oder Volkswagen.