
Fakt ist, dass die Agenturen ihre klassischen Anzeigen in insgesamt neun Kategorien einsenden können. Und die Jury ist offensichtlich bestrebt, in jeder dieser Kategorien Nägel zu vergeben. Das Resultat: Eine Schwemme an Preisen (insgesamt 43-mal Edelmetall!) für ordentlich gemachte, aber keineswegs innovative und wegweisende Anzeigen, während digitale Arbeiten geradezu stiefmütterlich behandelt wurden.
Nach der diesjährigen Preisverleihung waren viele Besucher mehr als befremdet über die zahlreichen Print-Nägel für doch sehr traditionelle Anzeigenmotive. Und damit nicht genug: Zur Krönung des Abends ging auch noch der Grand Prix an ein ebenfalls klassisches Printprodukt: das Sonderheft zum Thema Flüchtlinge des „Zeit Magazins“. Die Jury-Vorsitzende der Kategorie Editorial Karin Schmidt-Friderichs vom Mainzer Hermann Schmidt Verlag betonte die historische Bedeutung dieses Preises: Nie zuvor in seiner mehr als 50-jährigen Geschichte hat der Kreativclub einen Preis an ein journalistisches Produkt verliehen.
Überraschender Grand Prix fürs „Zeit Magazin“ / Smart-Kampagne ist die beste Arbeit
Weshalb soll das jetzt plötzlich anders sein? Nun, ein wenig passt das tatsächlich in unsere Zeit und zu all den Debatten der vergangenen Monate. Alle diskutieren über Content Marketing und darüber, dass Werbung idealerweise gar nicht mehr so aussehen sollte wie Werbung. Da ist es irgendwie naheliegend, statt schnöder Werbung einen journalistischen Beitrag zu prämieren, der sich überdies mit einem gesellschaftlich relevanten Thema auseinandersetzt.
Bitte nicht falsch verstehen. Das "Flüchtlingsheft" ist eine großartige Publikation. Nur stellt sich hier schlichtweg die Frage, ob der Grand Prix dafür wirklich das richtige Signal für die Kreativbranche ist. Sollte es beim ADC nicht vielmehr darum gehen, die mutigsten Werbeideen des Jahres zu feiern, die im Auftrag großer Marken entstanden sind? Ist es nicht das, was der Club immer wieder betont, weil die Branche nun einmal genau davon lebt?
Jung von Matt hängt die Konkurrenz ab
Im Prinzip haben diese beiden Arbeiten genau die richtige Anzahl von Nägeln in den richtigen Kategorien bekommen. Nur stehen sie im Vergleich zu anderen Arbeiten deutlich schlechter da. Der ADC rühmt sich zwar immer damit, die größte Jury der Welt zu haben, aber dieses Jahr hat deutlich gezeigt, dass es auch problematisch sein kann, wenn eine derart heterogene Gruppe von mehr als 370 Menschen in 27 Kategorien ihr Votum abgibt. Das Gesamtbild ist uneinheitlich und reflektiert nicht wirklich die Realität. Stattdessen hatte man dieses Jahr mehr denn je den Anschein, es gehe beim ADC vor allem um Politik und Seilschaften statt um die besten Ideen. Schade eigentlich. bu
Der verkrampfte Versuch einer Rechtfertigung