Pitch-Entscheidung So radikal baut die Deutsche Telekom ihr Mediageschäft um

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1. Wie lange hat es gedauert und worum ging es genau?
Der Media-Pitch nahm über ein Jahr in Anspruch und beschäftigte bei der Telekom fast 60 Mitarbeiter aus Media, Marketing, Vertrieb und Einkauf. 31 Agenturen und Dienstleister wurden gescannt, 24 davon traten zum Pitch an, der auch aufwendige Workshops beinhaltete. Am Ende, so die selbstgesetzte Maßgabe von Christian Hahn, Vice President Marketing Communications, und Media-Vormann Andreas Nassauer, sollte eine „radikale Neuausrichtung“ stehen. Das Mediageschäft der Deutschen Telekom fußt künftig auf 5 Säulen:A1: Media Strategy and Steering
A2: Media Analytics Services
B: Campaigning Planning & Buying Services
C: Programmatic Buying Operation Services
D: Search Advertising & Affiliate Marketing Services
Los B geht an die Group-M-Agentur Mindshare, die Sieger für A2, C und D stehen im Grunde wohl schon fest, werden aber wahrscheinlich erst Anfang Januar bekanntgegeben.
Aufhorchen lässt vor allem die Lösung für den zentralen Bereich A1: Den nämlich wird die Telekom in Eigenregie managen. Nun gehört es zwar schon heute zum Standard-Programm eines Unternehmens, die Mediastrategie festzulegen und die Agenturen zu briefen. Das entscheidende Signal aber lautet: Die Telekom will im Mediageschäft deutlich stärker in die Verantwortung gehen und zentrale Aufgaben insourcen.
2. Was ändert sich bei der Telekom?
Organisatorisch nicht besonders viel, inhaltlich eine Menge. Christian Hahn beschreibt die Herangehensweise so: „Das Mediageschäft hat sich komplett verändert. Wir wollen Herr dieser Entwicklung sein und die Mediastrategie sehr viel stärker selbst steuern. Das können wir nicht vollständig an eine Agentur delegieren.“

3. Wie riskant ist das neue Modell für Telekom?
Das neue Modell ist zumindest tricky - und kann nur funktionieren, wenn die Dienstleister, die aus dem Pitch als Sieger hervorgehen, wirklich kooperativ zusammenarbeiten. Die zuständige Mediaagentur büßt einiges von ihrer dominanten Rolle ein. Zum einen, weil die Telekom Mediastrategie und Data enger an sich zieht; zum anderen, weil Aufgaben wie Programmatic, Search und Modelling nicht mehr im Verantwortungsbereich der Mediaagentur liegen. Sollten Budgets stärker in Richtung Programmatic und Social wandern, sinkt auch der Anteil des von der Mindshare eingekauften Media-Volumens.

4. Was bedeutet die Entscheidung für Mediacom und Mindshare?
Zunächst einmal ist der Ausgang des Pitches eine große Beruhigung für Group-M-Chef Jürgen Blomenkamp, der in dem ganzen Verfahren wohl eine nicht unwichtige Rolle gespielt haben dürfte: Der Telekom-Etat bleibt in der Gruppe und wechselt „nur“ von einer Group-M-Agentur zu einer anderen - und eben nicht zu Omnicom oder Publicis, die fast bis zum Schluss mit im Rennen waren.Für Marktführer Mediacom ist der Verlust von Telekom dennoch ein Schlag ins Kontor. In Düsseldorf stehen die Zeichen derzeit aber ohnehin auf Umbruch: In diesem Sommer trat der langjährige CEO Paul Remitz zurück und wurde von Tino Krause ersetzt. Der gilt für viele neben Florian Adamski (Omnicom Media Group) als einer der großen Hoffnungsträger einer neuen Manager-Generation im Media-Business. Vor zwei Wochen konnte Mediacom den Coca-Cola-Etat verteidigen; behalten Branchen-Auguren recht, könnte den Düsseldorfern noch in diesem Jahr ein dicker Treffer im Neugeschäft gelingen. Fix ist freilich noch nichts.
Für Mindshare könnte Telekom der lange erhoffte Befreiungsschlag sein. In Frankfurt stehen seit Anfang des Jahres mit Katja Brandt (CEO) und Deutschland-Chef Stefan Uhl zwei Neue an der Spitze der Agentur, die in den vergangenen Jahren etwas von ihrem Glanz eingebüßt hatte.